Gonzosophie
10. Oktober 2007
Daheim
gonzosophie | 10. Oktober 07 | Topic 'Marginalien'


So lange weg und einiges gesehen, doch zu sagen bleibt nicht viel. Da hätte doch nun etwas sein müssen, ein Drücken, Ziehen - ein Gefühl, das stärker wiegt als jeder Zweifel und nicht nach Morgen fragt. Und nicht zagt. Mein Leben bleibt ein schlechter Film, ein melancholisches Akkordeon zum Abschied. Es kann nicht jeder glücklich sein, zumal auf Anhieb nicht.
Du bist ein Fenster in die andere Welt, dort wo die Menschen leben, die draußen stets vorüber gehen. Und du siehst ihnen nach, vorbei an mir. Könnte ich jemals jemand sein? Mit Photographien vorn im Portemonnaie, als Kleinod meines Herzens? Ich denke nicht.
Das ist es dann gewesen, mein Alles und sonst gar nichts mehr. Wohin ich gehen kann, war ich nun überall. Ich kehre heim. Ich wünsch euch Glück, lass euch mit eurer Welt
allein.

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28. September 2007
lac muliebre [Weibermilch]
gonzosophie | 28. September 07 | Topic 'Marginalien'
Getrieben werden durch die Nacht, getränkt, geschunden, aufgetakelt. Schon aus dem Antlitz blickt das „Leibgesicht, das Afternahe“, [eingeatmet, angespuckt], gespreizt, gesprenkelt, ausgewaschen, nur niemals ausgetrockent, in dem Sud der Nächte, die frei noch sind, noch fast Romantik, wenn nur das Fernsehbild nicht immer wär.
Kein Fassen hier, kein Greifen nichtmal Grabschen, nur Tasten, schlagen, koitales Stechen. Und Kriechen, Waten durch den Mutterschlamm, hinaus, zum Ausgang. Haarig. Fromm.
Und draußen?
atmen,
.

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26. September 2007
Mittwoch
gonzosophie | 26. September 07 | Topic 'Marginalien'
Ich bin müde, aber wach; reihe kleine Steinchen aneinander, doch noch ergibt sich kein Bild, kein Muster. Ich versuche nicht all zu weit zu blicken, die Zukunft weg zu halten, mich auf die nächsten Wochen zu konzentrieren, die Schönes versprechen. Alles ist im Grunde banal, denn mein Leben ist banal geworden.
Du aber wirst mir immer weniger banal, zeigst dich mir jeden Tag von einer anderen Seite, entfaltest dich nur ganz allmählich. Ich möchte dich beim Namen nennen, dich kennen, deuten lernen. Nicht um die Klaviatur spielen zu können, einfach weil du wunderbar bist.
Mauersegler stürzen sich vor meinem Fenster hinab, todesmutig, selbstvergessen. Ich hätte gerne etwas von ihrem Naturell, generell etwas mehr Natürlichkeit, mehr Rage. Doch ich war schon immer mehr der Typ für Pistolen nach Eilfe als für Pistolen im Morgengrauen. Satisfaktion entspricht nicht meinem Naturell. Darin halte ich mich durch.

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3. September 2007
take it as it comes
gonzosophie | 03. September 07 | Topic 'Marginalien'
Ich kann nicht ewig resignieren. Irgendwann einmal wird sich der Schmerz durch Wut zur Kraft verkehren; Wird die Wut zur Liebe und zum Hass gehören. So dass ich lebe, fühle - mit der Wut der Verzweiflung, die sich selbstvergessen überwindet. Irgendwann einmal. Oder auch nicht.

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29. August 2007
Résumé
gonzosophie | 29. August 07 | Topic 'Marginalien'
Ohne Frau und ohne Geld, doof insgesamt. Leider besteht da ein korrelatives Verhältnis, nontemporal. Vielleicht sollte man Neues versuchen, sich als erfolgloser aber humanistisch gebildeter, junger Mann weibliche Mäzene in den „besten“ Jahren suchen. Womöglich besteht zumindest in diesem Marktsegment eine Nachfrage für sowas wie mich. Bei Interesse bitte melden. Ich kann auch kochen.

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24. August 2007
so früh am Tag
gonzosophie | 24. August 07 | Topic 'Marginalien'
Heute schlafen Schlangen in all meinen Gedanken und jeder Satz birgt Gift. Das kann ich nicht nach Draußen lassen. Vielleicht auf andere Gedanken kommen - Benn lesen. Das schadet nie. Ja, das kann ich heut empfehlen
...
''Pressen Sie, Frau! Verstehn Sie, ja?
Sie sind nicht zum Vergnügen da,
Ziehn Sie die Sache nicht in die Länge.
Kommt auch Kot bei dem Gedränge!
Sie sind nicht da, um auszuruhn.
Es kommt nich selbst. Sie müssen was tun!
Schließlich kommt es: bläulich und klein.
Urin und Stuhlgang salben es ein.

Aus elf Betten mit Tränen und Blut
grüsst es ein Wimmern als Salut.
Nur aus zwei Augen bricht ein Chor
von Jubilaten zum Himmel empor.

Durch dieses kleine fleischerne Stück
wird alles gehen: Jammer und Glück.
Und stirbt es dereinst in Röcheln und Qual.
Liegen zwölf andere in diesem Saal.
...
(weitere, aber leider nicht sehr viele Gedichte)

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22. August 2007
Hypogonadismus
gonzosophie | 22. August 07 | Topic 'Marginalien'
Ich weiß das ich nicht passe. Zum Glück wissen es mittlerweile auch meine Mitmenschen. Ein wenig hat es schon gedauert, es zu realisieren, den Glauben zu verlieren, bei mir würde es nur etwas länger dauern, dass es schon noch werden würde – ich sei halt etwas wählerischer. Diese Illusionen machen wir uns nun nicht mehr. Sie haben gelernt keine Fragen mehr zu stellen. Ich habe gelernt mir ein Bier zu bestellen, wenn die andern Ficken gehen. Meist sind sie ja nicht lang weg. Wenn sie wieder kommen, grinst man hinter seiner Zigarette; so, als würde man schon verstehen. Es gab eine Zeit, in der ich viel Bier getrunken habe. Das nimmt mit dem Alter ab. Auch mit dem Rauchen hörte ich auf. Ich habe ja nichts gegen dieses offene Leben, nicht im Geringsten. Es gibt kaum Beängstigenderes als „True love waits“-Anhänger. Mit denen lässt sich gar noch weniger reden als mit Straight-Edge Idioten. Ich wünsche mir mehr Zügellosigkeit. Ich begrüße Schamlosigkeit, sie macht die Menschen ehrlicher. Ehrlicher als mich. Leider ist der Umgang mit vielen Menschen frustrierend, wenn sie ehrlich sind.
Mein Interesse Frauen gegenüber war immer schon zu wenig ordinär, als dass es erwidert worden wäre. Das erstaunt, verdutzt, lässt Abstand nehmen. Meine scheinbar fehlende Libido hat jeden eher verwundert als meine Zukunftslosigkeit, mein Trotz. Da halfen auch keine langen Briefe, keine Gedichte, keine Aussprachen weiter. Sie blieben schließlich ohne die erforderliche Initiative. Ich war stets der Meinung, mit koitalem Vokabular ließe sich nur schwerlich gute Poesie betreiben. Und selbst wenn - meiner Erfahrung nach neigen Frauen dazu sich mit dem einzulassen, der auf sie zugeht, der im Bedarfsfalle anwesend ist. Der Mann ist von Natur aus penetrant, sollte es sein. Schreiben kann nicht direkt genug sein. Ich blieb immer in der Ferne, bis ich schließlich ganz verschwand. Und hier bin ich nun. Abstinent.

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19. August 2007
'Ich denke oft an Piroschka'
gonzosophie | 19. August 07 | Topic 'Marginalien'


In dem Moment des Erwachens kann ich an dich denken. Denke kein aber und kein vielleicht, sondern nur dich. Dann bin ich glücklich, lächle ich. Ein kurzer Moment, noch fast ein Traum, noch nicht real. Mit der Realität kehrt alles aber und vielleicht zurück; kehrt zurück was du gestern sagtest, womit ich meine Zeit ohne dich gefüllt habe. Ich habe grüne Plastikkäppchen ausgespritzt, die ganze Nacht lang. Grün ist die Hoffnung. Ich bin ein Idiot immer noch zu hoffen, wenn auch nur zwischendurch; in den Momenten, in denen ich alles andere vergesse.
Der Tag begann früh heute, und ohne Frühstück. Mit der Familie sind wir zur Freilichtbühne gefahren. Ein Lustspiel sollte gegeben werden und das wurde es auch. Puszta, ein Wort das alles zusammenfasst. Es gab Bier dort. Auf nüchternen Magen Bier zu trinken, habe ich immer gemocht. Dieses freie Gefühl, unangefüllt mit Hefe und Malz und doch beschwipst, angeheitert. Anders ging es auch nicht. Meine hastig zusammengesuchten Kleider waren überall verflust, verschmiert mit Rasiercreme und Erde. Ich habe es nicht mehr zur Reinigung geschafft. Nun sitz ich hier, versuche die Fassade aufrecht zu erhalten. Kaschiere mit den Händen die Flecken an der Hose. Meine Cousine und ihr Mann, seines Zeichens Fabrikbesitzer, sie Anwältin, haben uns eingeladen. Er ist einer der angenehmsten Menschen, die ich kenne, ruhig und lächelt viel. Was ist, wenn sie mich nach meinem Studium fragen, wissen wollen wie es läuft, was ich vorhabe. Es ist mir unerträglich geworden solche Gedanken zu denken. Alle haben Erwartungen, die ich nicht erfüllen kann, sehen mich mit diesem Blick an „Wir haben es dir ja gesagt“. Eine Darstellerin auf der Bühne erinnert mich an dich –blond, nett, selbstbestimmt. Vielleicht fällt sie mir auch nur wegen ihrerr 20er Jahre Kleidung zwischen all der Folklore auf. Greta, eigentlich ein schöner Name. Diese Hüte und Schals passen nicht in unsere Zeit, leider. Mode ist frivol geworden, auf Attraktivität bedacht. Schönheit hat sie längst vergessen. Vor mir sitzt eine Familie mit einem kleinen, blonden Mädchen. Es hat eine nachgezogene Naturkrause, sieht süß aus. Von Kopf bis Fuß ist es in Tokio Hotel gekleidet, selbst auf den Schuhen steht „Schrei!“. Wahrscheinlich wäre es bei näherem Kennen lernen ein völlig unsympathisches Kind. Ihre Eltern schauen halb alternativ aus. Sie mit wirrer Strähnchenfrisur, er trägt Jeans zum Sakko, hat nach hinten gekämmtes Grauhaar. Vielleicht Linke, die rechtzeitig den Sprung geschafft haben. Bei denen es läuft, auch finanziell, immerhin. Nun gehen sie mit ihrem Kind regelmäßig zu einem Schauspiel. Ich würde im fernstmöglichen Falle einer Vaterschaft meinen Nachwuchs auch ins Theater schleifen, ihn mit Kultur und Kunst langweilen. „Seid froh, ich hatte damals gar nicht die Möglichkeit zu sowas.“ Meine Gedanken schweifen ab, können dem Geschehen nicht folgen. Man merkt es mir an. Ich störe hier, schon wieder schwarz gekleidet. Ein Problem. Was soll man mit mir reden?
Ich habe keinen Hunger, bestelle mir Sauerbraten und reichlich Bier. Danach ein paar Aquavit. Davon kann man durchatmen. Die Gespräche sind belanglos. Ich ernte ein paar Lacher, vielleicht aus Verlegenheit. Ich weiß es nicht. Sie fahren uns nach Haus, in ihrem A8. Nachts smst du mir. Das ist ein Lächeln wert. Heute werde ich früh schlafen, für meine Verhältnisse.

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13. August 2007
Nebelschlussleuchten
gonzosophie | 13. August 07 | Topic 'Marginalien'
Ich überinterpretiere oft. Ein Lächeln, ein Wort – man sagt mir nach ich grübelte zuviel, ich hätte zuviel Zeit, manchmal aber auch, ich wäre Ignorant. Ich weiß nicht ob das stimmt, ob es da ein „zuviel“ oder „zu oft“ überhaupt geben kann. Und doch, häufig reicht eine SMS, ein Wort, ein Lächeln um mich glücklich zu machen, wohl gerade weil ich überinterpretiere.
Meine Unsicherheit bleibt so oder so.
„Ich bin nicht, was ich bin, weil ich es denke oder will; noch denke oder will ich es, weil ich es bin, sondern ich bin und denke – beides schlechthin;“. Auch ich lasse mich schwerlich in groben Partituren beschreiben. Ich bin nicht nur ein Gespinst meines Hirns. Ein Gehirn, das sich selbst nur als Neuronenkette begreifen will, gleicht einem Amboss, der aus sich selbst heraus die Schläge des auf ihn fallenden Schmiedehammers erklären will.

Trotz des mulmigen Gefühls der Privation und Deplatziertheit, welches mich ständig begleitet, spüre ich manchmal so etwas wie einen auf mir ruhenden Blick. Ein Auge, irgendwo dort im Nebel, das mich sieht. Ein Ohr, das mich hört. Ein Mensch, der mit mir Mensch ist. Dann habe ich schon fast eine Ahnung davon, wie es sein könnte, bei diesem Menschen
angekommen
zu sein


zit. nach J.G. Fichte, "Die Bestimmung des Menschen"

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11. August 2007
Grown so Ugly
gonzosophie | 11. August 07 | Topic 'Marginalien'
Ich stinke. Zum ersten Mal seit Monaten nehme ich meinen Körpergeruch wahr. Was mache ich hier eigentlich? Was soll ich mit diesen Menschen reden, die ein Leben haben. Warum laden die jemanden wie mich zu irgendwelchen Schützenfesten ein? Was soll ich sagen außer „tja“, gefolgt von einem Lächeln, als würde ich verstehen. Ich passe nicht, weder hier noch sonst wo. Allein, immer. Ich würde gerne schlafen und vergessen, wo ich bin, was ich bin. Würde gerne träumen irgendwo für irgendwen irgendwas zu sein. Doch dieses fahle, gelbe Licht an jedem Morgen hindert mich daran. Mein Geist taucht ganz in dieses Zwielicht, „erhebt sich […] nimmermehr“.
Warum soll ich an sie denken, mir erlauben an sie zu denken? Meine Gedanken dringen nicht durch zu ihr. Sprechen kann ich nicht. Ich bleibe bei mir. Ich bin einfach untauglich. Das Rudimentum eines Menschen.

Töten will ich!
Leben ficken
warme Körper endlos schänden
das Schönste ins Verderben schicken
die Liebe in das Elend wenden
ich will bespucken, fressen, schlagen
dies ganze Pack zur Hölle jagen

Viele Leute glauben mir sagen zu können, ich sei suizidär. Das ist allerdings nicht wahr. Meine akute Eigengefährdung habe ich schon vor Jahren abgelegt. Eines Nachts wachte ich schweißgebadet auf und hatte plötzlich Todesangst. Angst zu sterben, einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Ein Szenario, das bis dahin ein Wunschtraum geblieben war. Nun fürchtete ich plötzlich um mein Leben. Ich musste regelmäßig meinen Puls fühlen, kontrollieren das mein Herz noch schlug. Ich hatte Angst, tödlich erkrankt zu sein, Angst vor dem Verlust meiner Existenz, Angst vor dem Nichts. Ohne jeglichen Grund hatte ich das Leben zu Schätzen gelernt. Deshalb ist mir nun auch dieser Ausweg versperrt. Ich kann suizidäre Menschen eigentlich nur beneiden, denn sie glauben wenigstens noch an eine Lösung ihrer Probleme. An Woody Allen angelehnt könnte man sagen „Wer nur unglücklich ist kann sich also sagen: ‚Hab ich aber Glück gehabt’“.
Vielleicht war es auch nur die Konsequenz aus dem latenten Glaubensverlust. Bei den Fürbitten wird regelmäßig für die Seelen gebetet, die ihren Glauben verloren haben. Irgendwie paradox, aber eine nette Geste. Ich würde diese Fürsprache gern in Anspruch nehmen.

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