Gonzosophie
5. August 2007
Pour le Mérite
gonzosophie | 05. August 07 | Topic 'Marginalien'
Es kann nicht mehr so weiter gehen, einzelnd. Ich will mich nicht mehr. Vielleicht ist nicht sein besser noch als Ich sein. Herausfinden lässt sich dies leider nur auf eine radikale Weise. Doch all mein Leben war lau, vielleicht sollte wenigstens dessen Ende anders sein. Wie selbstverliebt ….
Selbstmord bedeutet in den meisten Fällen die Reaktionen, Emotionen der Anderen falsch einzuschätzen und in jedem Falle über zu bewerten. „Die werden sich wundern und Vorwürfe machen“. Niemand wundert sich. Niemand kümmert sich. Jeder bleibt für sich. Wenn man sterben will um Andere zu berühren, ist das falsch, immer. Nur für sich sterben macht Sinn.
Ich verstehe sie nicht, komme einfach nicht hinter den Code, mit dem sie kommuniziert. Sie ist ein Rätsel. Ich verzweifle daran, auch wenn es spannend ist. Vielleicht will ich gar nicht wissen, was ich nicht zu Verstehen im Stande bin.
Ein wunderschöner Sommer, voll lauer Regentage. Nichts ist angenehmer als ein kalter Tag im Juni. Man zieht sich Jacke oder Sakko an und läuft durch leere Straßen. Vom Regen tiefgrauer Asphalt. Alle nackten Bäuche und diese lächerlichen Sonnenbrillen sind weggeschwemmt.
Organversagen - ein seltsames Wort. Eines, das man ungern laut sagt. Wer will schon erinnert werden, selbst jederzeit zum Organversager absteigen zu können. Aufgeschwemmt, mit gelber Haut und verzerrter Miene – das ist der gesellschaftliche Tod.
Das Papier raschelt und mein Bier singt im Wind. Grillen zirpen. Pittoresque… Vielleicht lass ich noch einen Drachen steigen. Vielleicht trink ich auch noch einen Kaffee, auf den langen Weg. Freizeit ist ein falsches Wort, ebenso wie Feierabend. Findet das Leben zwischen den Terminen statt? Aber was soll schon noch kommen, und irgendwie ist es ja auch ganz nett: Im Schatten sitzen. Allein. In Ruhe.

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3. August 2007
„Sie wollen ganz bestimmt, dass wir glücklich sind und unsere Leidenschaft ist ihnen rätselhaft“
gonzosophie | 03. August 07 | Topic 'Marginalien'
Morgen oder Heute, je nachdem was für ein Mensch man ist, findet die alljährliche Meppener Blues & Jazz Night statt. Einer der wenigen Vorwände, in die altbekannte Stadt zurückzukehren, der nicht nur Depressionen verspricht. Wenn doch, dann zumindest mit angemessener musikalischer Untermalung. Ich sehe schwarz und kleide mich dementsprechend, passend zum Anlass. „Until we start to make a move, to make a few things right, you’ll never see me wear a suite of white“…
Aber vielleicht haben sie ja auch Recht, vielleicht sollte ich wirklich einfach mal raus gehen und der Rest wird sich von selbst einstellen. Vielleicht sollte ich endlich mal die Kurve kriegen, vielleicht könnte ich einfach mal was machen. Das wäre jedenfalls gern gesehen. Ich werde darüber nachdenken, falls ich Zeit für so etwas finde. Morgen ist jedoch sicher nicht der richtige Zeitpunkt. Die Nachtschicht wartet auf mich, wenn ich Glück habe. Zu Beginn der Nachtschicht begrüßt man sich mit „Guten Morgen“, das hat mir schon immer gefallen. Und ich rieche jetzt schon wieder dieses süßliche Maschinenöl. Als ich dort anfing, war ich ein junger Mann mit altem Bart. Mittlerweile denke ich darüber nach den Bart abzurasieren, ich wirke auch ohne ihn durchzecht.
Schon wieder ist es zu spät um dem morgigen Tag einen guten Start zu geben. Das liegt an diesem Gelb. Schlaftabletten sollten blau sein. Nur farblich strukturiert macht psychoaktivität Sinn, bleibt durchschaubar. Gestern gab es wieder solche Gespräche, die mir meine Ausweglosigkeit vor Augen führen. Ich erreiche niemanden. Aber was kann ich schon tun?

Ich stampf hinweg,
du läufst mir nach
und bleibst am Ende stehen

dreh ich mich um,
siehst du nach mir
und blickst mit leisem Flehen

ging ich zurück,
so hättst du mich
ließest mich nicht mehr gehen

drum stock ich nicht,
geh unbeirrt
lass dich im Dunklen stehen

„Sing on brother, play on drummer“. Genug zitiert, „am Ende bin ich nur Ich selbst“. Ich habe zu packen.

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23. Juli 2007
noyé
gonzosophie | 23. Juli 07 | Topic 'Marginalien'
Ich schleppe mich voran – allein – warum? Verliere meinen Schritt im Takt der Wellen, die meine Spuren verwischen. Weder wie, noch wohin ich gehe, sehe ich. Gehe ich? So muss es wohl sein, der Schmerz ist derselbe. Ich weiß nicht ob ich vor dir davonlaufe, oder du vor mir. Wichtig ist es nicht mehr. Meine Schritte ziehen mich voran, ich falle ihnen nach, zum Ziel hin, zum großen Finale. Vielleicht wartest du dort schon auf mich, mit dem Lächeln, das ich vermisse. Ja, vielleicht wartet nach diesem Weg ein warmes Lächeln, das mir vergibt.

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21. Juli 2007
reifen
gonzosophie | 21. Juli 07 | Topic 'Marginalien'
Oft denke ich, ich wäre gerne mehr wie ein alter Mann, wissend und satt, aber doch noch da. Ein alter Mann mit einem Leuchten in den Augen. Etwa wenn er eine Schüssel voller Bonbons betrachtet. Er lächelt sie lange an, bevor er sich eines herausgreift und vorsichtig auspackt. Die Süße ist die gleiche wie in jungen Tagen. Jetzt aber, schmeckt er sie.
Mir wird oft gesagt, ich sei schon grau wie ein alter Mann. Störrisch und knöchern, gesetzt in allem und ohne Gefühl. Schön wärs ja.

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17. Juli 2007
Anklang
gonzosophie | 17. Juli 07 | Topic 'Marginalien'
Und da war sie wieder, diese matte Ruhe, das unbestimmte Gefühl doch nun eigentlich traurig sein zu müssen – die Gewissheit, die einen nach einer Trennung oder einem Todesfall noch lange begleitet, selbst wenn man den eigentlichen Schmerz nicht mehr fühlt. Das Nachklingen dumpfer, schwerer Töne betäubender Ergriffenheit. Man kann nicht anders als es zu genießen, sich selbst zu genießen und zu weiden an den vergossenen Tränen. Die Gewissheit, ein Mensch zu sein, ein Lebender – und das in dieser seltsam matten Ruhe. Dafür sollte man dankbar sein.
Manchmal gibt es so ein warmes Nachklingen ohne irgendeine bestimmte Ursache, ganz ohne Zweck. Die unbewusste Erinnerung, dass es auch anders sein kann. Es ist nicht direkt ein gutes Gefühl, aber es schmeckt danach. Leider ein sehr flüchtiger Geschmack. Oftmals schnell verdrängt von festeren Gedanken.

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11. Juli 2007
Privation
gonzosophie | 11. Juli 07 | Topic 'Marginalien'
Irgendwann kommt dieser Moment, an dem einen nichts unerträglicher ist, als sich umzusehen und niemanden zu sehen. Als still zu sein und niemanden zu hören. Als sich zu äußern und keiner antwortet. Dann helfen auch Radio und Fernsehen nicht weiter. War es nicht das, was ich wollte: Meine Ruhe?
Aber einmal nur nach außen dringen, ein Geschenk empfangen. Vielleicht wäre ein Lächeln alles, das ich jetzt brauche. Ein dünnes Lächeln, egal woher. Doch wer soll es schenken? Menschen gibt es schon lang nicht mehr. Es gibt kein Miteinander. Man geht aneinander vorbei. Man kann sich nicht verstehen. Es gibt keine Berührung. Im dichten Nebel bleibt jeder nur für sich, auch ich - jeder bleibt dem andern Nichtigkeit. Kein Licht in Aussicht bis der Vorhang fällt

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