Gonzosophie
23. August 2007
22.
gonzosophie | 23. August 07 | Topic 'Nachtschicht'
Der Tag war indifferent. Ich habe mich lang gefragt ob es mir heute gut ging oder schlecht. Ich habe gelächelt, mehrfach, das weiß ich noch. Einige Male war es nicht aufgesetzt. Aber ich kann jetzt in jeder Stimmung lächeln. Man lernt die Zeit einfach durchzubringen, so wie seine Schichten. Stunde um Stunde hangelt man sich vor, wartet auf die Nächste Pause. Sieht man zu oft auf die Uhr, kriecht die Zeit; wird man egal, fliegt sie. Solange man an jemanden denken kann, ist alles gut. Heute habe ich mich irgendwie allein gefühlt, musste mit banalen Gedanken vorlieb nehmen. Nur 2 Tage nichts von ihr gehört und ich sehe mich schon wieder verlassen. In der Hinsicht bin ich geschädigt. Aber hier kann ich mich auch einfach nicht ablenken: 8h täglich stehe ich vor der Maschine- mit mir allein. Ich kann mich nicht wirklich betrinken, kann nicht fernsehen oder dergleichen, kenne hier niemanden. Der Schlaf ist kein echter, wenn man um 7:30 ins bett geht. Ich habe mich da wohl auch in etwas verrannt. Sie fühlt sich bedrängt, ich denke zu Recht. Dabei wollte ich das gar nicht. Es ist ja auch nicht so, als sei sie allein. Ich habe wieder mal Verzweiflung mit Sehnsucht verwechselt, womöglich ist es auch etwas von beidem. Vielleicht sind wir nicht gut für einander und jeweils zu verlegen das offen auszusprechen. Es fällt auch schwer, wenn einem jemand so sympathisch ist, man sich versteht. Ich weiß es nicht, aber ich kann es nicht akzeptieren wollen; mache mir lieber weiter etwas vor. Das ist meine Überlebensstrategie geworden. Die Realität würde ich nicht aushalten. Mein Blog ist jedenfalls zu einem Tagebuch verkommen, das sollte er nie sein. Es regt nicht gerade die Clicks an, den Tagesablauf eines tranigen Tunichtgutes zu beschreiben. Verständlich, wie ich finde. Sonst dringt jedoch nichts zu mir vor. Auch ich bin indifferent geworden.

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Wegwerfartikel
gonzosophie | 23. August 07 | Topic 'in aller Kuerze'
Schwefelkopf
auf bleichem Holz, es zischt,
Es knackt und bäumt sich auf in grellem Licht,
Es sengt sich, frisst sich rauf und endet nicht,
bis von des Funken Feuerschein
nur bleibt ein Klumpen Asche, rein
und auch die letzte Glut erlischt

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22. August 2007
Hypogonadismus
gonzosophie | 22. August 07 | Topic 'Marginalien'
Ich weiß das ich nicht passe. Zum Glück wissen es mittlerweile auch meine Mitmenschen. Ein wenig hat es schon gedauert, es zu realisieren, den Glauben zu verlieren, bei mir würde es nur etwas länger dauern, dass es schon noch werden würde – ich sei halt etwas wählerischer. Diese Illusionen machen wir uns nun nicht mehr. Sie haben gelernt keine Fragen mehr zu stellen. Ich habe gelernt mir ein Bier zu bestellen, wenn die andern Ficken gehen. Meist sind sie ja nicht lang weg. Wenn sie wieder kommen, grinst man hinter seiner Zigarette; so, als würde man schon verstehen. Es gab eine Zeit, in der ich viel Bier getrunken habe. Das nimmt mit dem Alter ab. Auch mit dem Rauchen hörte ich auf. Ich habe ja nichts gegen dieses offene Leben, nicht im Geringsten. Es gibt kaum Beängstigenderes als „True love waits“-Anhänger. Mit denen lässt sich gar noch weniger reden als mit Straight-Edge Idioten. Ich wünsche mir mehr Zügellosigkeit. Ich begrüße Schamlosigkeit, sie macht die Menschen ehrlicher. Ehrlicher als mich. Leider ist der Umgang mit vielen Menschen frustrierend, wenn sie ehrlich sind.
Mein Interesse Frauen gegenüber war immer schon zu wenig ordinär, als dass es erwidert worden wäre. Das erstaunt, verdutzt, lässt Abstand nehmen. Meine scheinbar fehlende Libido hat jeden eher verwundert als meine Zukunftslosigkeit, mein Trotz. Da halfen auch keine langen Briefe, keine Gedichte, keine Aussprachen weiter. Sie blieben schließlich ohne die erforderliche Initiative. Ich war stets der Meinung, mit koitalem Vokabular ließe sich nur schwerlich gute Poesie betreiben. Und selbst wenn - meiner Erfahrung nach neigen Frauen dazu sich mit dem einzulassen, der auf sie zugeht, der im Bedarfsfalle anwesend ist. Der Mann ist von Natur aus penetrant, sollte es sein. Schreiben kann nicht direkt genug sein. Ich blieb immer in der Ferne, bis ich schließlich ganz verschwand. Und hier bin ich nun. Abstinent.

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3 mal werde ich noch wach...
gonzosophie | 22. August 07 | Topic 'Nachtschicht'
Ich bin heiß gelaufen, habe mir vorgenommen die Texte vor dem Tippen erst wieder etwas liegen zu lassen. So habe ich zu wenig Ausschuss, zuviel geht einfach durch mich durch.
Die Nachtschicht kennt keinen Ruhetag. Wir arbeiten von sonntags 22:00 bis samstags 6:00 - Deshalb wünscht man sich auch keinen schönen Feierabend, kein schönes Wochenende. Man sagt „Bis morgen“, wenn überhaupt. Normalerweise sieht man sich noch am selben Tag.
Das Bild Horoskop zeigte heute zum ersten Mal keinen nachdenklichen oder betrübten Smiley. Es rät mir, ich solle Frisur, Kleidung und Herangehensweise aggressiver gestalten, dann winke berufliches so wie Liebesglück. Der Titel ist die angeblich geplante Autobahnmaut. Die von einer Meute verprügelten Inder haben es lediglich auf Seite 6 geschafft; nur zu einem drittel füllen sie diese aus, mal wieder typisch. Naja, wenigstens wird dort schön differenziert: Die Nazis wollen sich von den Ausländern getrennt wissen, die Politiker von den Nazis und die gesamtdeutschen Medien von den Ossis. Das schönste ist, dass der Bürgermeister des Tatkaffes nur Zugereiste, Zugezogene und sonstige fremden Elemente für die Fremdenfeindlichkeit verantwortlich macht. Eine Rechte Szene, gar Nazis gebe es in seinem Örtchen nicht. Fragt sich nur warum dann ein FDPler Bürgermeister geworden ist. Staatstragende Elemente verweisen darauf, dass solch unsittliche Verhalten den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährde. In Zukunft also lieber wieder Türken verkloppen. Die sind seltener gut ausgebildete Facharbeiter und damit meist über. Aber auch die dann möglichst nur in jeweils geringer Stückzahl. Alles andere gibt so schlechte Presse. Vorerst jedenfalls.
Bemerkenswert: Offenbar erscheint das gesamtdeutsche Phänomen Fremdenfeindlichkeit auf zwei verschiedene Weisen. Wieso die Nazis ausgerechnet in Ostdeutschland so öffentlich und gewaltbereit sind, bleibt fragwürdig. Man sollte sich nicht mit der Antwort zufrieden geben, dass es lediglich an der schwierigen Wirtschaftssituation liege.

„Der Ossi will ein Deutscher sein
und hat kein deutsches Wesen.
Da mag auch er „Heil Hitler“ schrei'n:
Er hat ihn nie gelesen.

Der Ossi ist kein Bildungstyp.
Er mordet aus dem Bauche.
Archaisch Seele, Herz und Rüb’.
Sein Blut und Boden: Jauche.

Er war und ist als Asiat
von Rilke fern, von Spengler.
Doch braucht ein großer deutscher Staat
den Killer wie den Quengler.“

(zit. nach Titanic, leider fehlt mir die Angabe zur Ausgabe und obs’ von Gsella oder wem anders ist. Ich bitte dies zu entschuldigen, vielleicht kann ja jemand aushelfen)

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