Gonzosophie
4. Juni 2009
Melatonin
gonzosophie | 04. Juni 09 | Topic 'Nachtschicht'
Es sind schon gewisse Menschen, die nachts arbeiten. Langzeitstudenten, Außenseiter, Hängengebliebene. Wenn wir die Halle betreten ist es ebenso hell wie beim Feierabend um 6:00. Bier im Sonnenaufgang – kann gar nicht so gut klingen, wie es schmeckt. Der Tag bleibt unstrukturiert, die Nacht ist eliminiert. Kein Platz für Romantik. Und doch, man denkt daran, während man den Staub einatmet. Der Körper stellt sich darauf ein, kotet nach Feierabend ab, oder vor der Stechuhr. Wie alle anderen benötigt man ja einen Job um nicht herum sitzen und sich fatale Gedanken machen zu müssen. Man braucht banale Gespräche, um sich nicht einsam zu fühlen. Über Sinn darf man gar nicht erst nachdenken, der Lebenserwartung wegen. Wie viele Etiketten habe ich heute geklebt? Meine Hände haben nicht mitgezählt, meinem Kopf habe ich das längst abgewöhnt. Ich sehe gar nicht mehr hin. Ich kaue Kaugummi, bewege mein Kinn, nickende Bewegungen. Keiner stört uns, es ist ja noch lange nicht Zeit aufzustehen. Was man eigentlich braucht, in erster Linie, ist Geld. Oder jedenfalls hat man mir das gesagt. Irgendwann vor einigen Jahrzehnten gab es noch Lohntüten. Heute geht die Kohle aufs Girokonto. So wie man kein produktives Ergebnis seiner Arbeit sieht, bekommt man auch den Lohn nicht mehr zu sehen. Ein Phantasiebetrag, gedruckt in liniertes Papier. Hau’s raus. Alle hier rauchen, Drogen werden heimlich nur genommen. Die Arbeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang ist eigentlich eine recht junge Errungenschaft der Menschheit. Warum hätte man sowas auch tun sollen? Wer hätte sowas tun sollen? Wir räumen Regale. Ich bewege Stückgut. Mich bewegt nichts mehr. Absolute Arbeit, jedoch mit vielen Ruhetagen. Man sucht noch Leute, für Mittwochs vor allem. Ich suche auch noch, doch nicht nur für Mittwochs. Bisher hab ich noch nichts fallen lassen. Die Fehlerquote ist nachts nicht höher als am Tage. Nur gesprochen wird leiser und weniger Witze reißt man. Das ist ganz normal. Gott! Ein Schnaps wär jetzt genau das Richtige für diese letzte Stunde vor der Sonne. Wenn alle Augen Feuer dürsten in dem Staub der längst vergessenen Warenposten und die Nacht noch auf den Fenstern liegt. Helios, Dionysos, ein Götterfunke nur und es wird Licht.

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6. August 2008
Gonzosophische Gazette 06.08.08
gonzosophie | 06. August 08 | Topic 'Nachtschicht'
Weltzeit gestohlen

In der vergangenen Nacht um Punkt 1:00 stürmten 12 bewaffnete Vermummte das Zentrum der Internationalen Organisation Zeitstandard (IOZ) in Basel. Wann genau sie den Sitz der maßgeblichen Weltzeituhr wieder verließen, ist noch immer unklar, denn die genaue Uhrzeit nahmen sie einfach mit. „Wir sind noch immer total schockiert, dass so etwas passieren konnte. Wir haben damit einfach nicht gerechnet. Es existieren weder Sicherheitsmaßnahmen noch Backupsysteme für den nun eingetretenen Fall“, so Urs Schneckli, der Leiter der IOZ. Wie aus Zeugenaussagen und den Bildern hervorgeht, waren die Täter brutal und äußerst dreist zu Werke gegangen. Sie drangen bis zur sogenannten „Clock-1“ vor, einem Verbund aus mehreren Atomuhren, übertrugen deren genauen Zeitwert auf ein eigens dafür mitgeführtes Computersystem und stellten Clock-1 anschließend auf 00:01.

(Bild der Überwachungskameras)

Was sich zunächst banal anhört hat weitreichende Folgen, wie Schneckli gegenüber GG erläutert: „Das ist eine internationale Katastrophe. Rechtlich gesehen sind alle Uhren der Welt an unseren Zeitstandard gebunden. Nicht nur die Warenterminbörsen, auch das ganze Zinssystem hängt damit von Clock-1 ab. Das internationale Wirtschaftsleben ist nun praktisch eingefroren bis wir die, seit der letzten Eichung vergangene Zeit genau bestimmen und somit eine für die Welt rechtsverbindende Zeit garantieren können. Ein geistesgegenwärtiger Mitarbeiter zählt zwar seit dem Überfall die Sekunden im Kopf mit, aber das sind doch auch nur Näherungswerte!“.
Unbestätigten Meldungen zufolge sei bereits eine Lösegeldforderung der Verbrecherorganisation S.P.E.C.T.R.E. eingegangen. Sie soll sich im 9stelligen Eurobereich bewegen. Ein Insider ließ verlauten, man erwarte, dass das Geld Cash in einer Mülltonne auf der Insel Scorpio abgelegt werde.
Politiker aus allen Teilen der Welt reagierten empört auf die Tat und forderten die Timenapper auf, die schwerwiegenden Folgen ihrer Tat zu überdenken. Allein Russlands Regierung zeigte sich unbeeindruckt, da hier, so ein Kreml-Sprecher, die Uhren „eh schon immer etwas anders gingen“ Wirtschaftsminister Glos dagegen sieht bereits den Aufschwung gefährdet. „Was passiert denn nur mit der ganzen Zeitarbeit? Soll ich nun etwa einem Winzer sagen, er solle jedem Arbeiter auf seinem Weinberg am Abend den gleichen Lohn bezahlen, egal wann der zu arbeiten angefangen hat? So etwas wäre doch völlig verrückt!“
Wie nun weiter verfahren werden kann, das ist in der Tat unklar. Rechtlich gesehen ist es mehr als fragwürdig, ob man einfach eine Weltzeit schätzen könne, solange die genaue Uhrzeit noch irgendwo existiere. Am sinnvollsten erscheine es, so ein IOZ-Sprecher gegenüber GG, einfach alles zu verschweigen, der Presse nichts mitzuteilen und so zu tun, als sei nie etwas passiert.

Hintergrund
S.P.E.C.T.R.E. ist eine seit langem operierende internationale Verbrecherorganisation, die immer wieder mit spektakulären Aktionen auf sich aufmerksam machte. Zuletzt schlug ein Versuch fehl, unbemerkt ein Stück vom Ur-Metermaß abzutrennen um sich so bei Grundstücksspekulationen Milliarden zu erschleichen. S.P.E.C.T.R.E. ist stark hierarchisch gegliedert, über ihren Führer ist bisher fast nichts bekannt geworden. Die Nr.2 und wohl auch verantwortlich für den Baseler Zeitdiebstahl ist dagegen ein sogenannter „Cabman“. Ob dies ein individueller Deckname oder nur ein Titel ist, konnte bisher jedoch nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

Dies und Das

Diese Woche: Fragen, die jeder gerne hört.
1. Wieso wollen sie bei solchen Qualifikationen denn gerade hier arbeiten?
2. Sind die/ist der echt?
3. Warum tust du mir das an?


Der Surftipp

gonzosophie.blogger.de – Ein selbsterklärter Intellektueller beschreibt in wehleidigem Ton sein Scheitern an sich und der Welt. Sein liebstes Thema ist die Selbstreferenzialität, aber auch andere Dinge wie Alleskleber oder „Politik“.

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5. August 2008
05.08.08 6,50 DM
gonzosophie | 05. August 08 | Topic 'Nachtschicht'
Persönliches


Angelina Jolie-Pitt hat sich endlich von ihrem Mann Brat Pitt-Jolie scheiden lassen und will nun nach eigenen Angaben möglichst bald mit ihrem neuen Schwarm Mathias Jansen zusammenziehen. Der 46jährige Maurergehilfe hatte Jolie während seines Urlaubs in Ohio kennen gelernt. Die beiden waren sich sehr schnell „näher gekommen“. Ob ein weiteres Kind adoptiert werden soll, steht noch aus.

Der bekannte TV-Prediger Jürgen „Fliege“ Fliege ist gar kein Geistlicher. Laut einer Pressemitteilung seines Agenten hatte Fliege diesen PR-Gag „für einen riesen Witz“ gehalten. Er entschuldigte dies dadurch, dass er während seiner gesamten Showkarriere praktisch durchgehend betrunken gewesen sei. Zu einem eventuellen Comeback wollte er sich wie folgt jedoch nicht äußern: „Dazu will ich mich jedoch nicht äußern.“


Bericht aus Berlin

Immer mehr Menschen ziehen nach Berlin. Gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen aus Berlin aus. Ob und wie sich diese beiden Effekte gegenseitig bedingen, weiß auch in Berlin niemand ganz genau. Dem Berliner sagt man nach, ihm sei das eh Schnuppe. Hauptsache Berlin.

Mord!


Die Dunkelziffer bei Mord an älteren Mitmenschen ist immer noch recht niedrig. Dabei werden plötzliche Todesfälle in diesem Menschensegment meist als natürlich und altersgemäß fehlgedeutet. Ein Hauptmotiv stellt zumeist das für die Hinterbliebenen zu erwartende Erbe dar, oder einfach Wertgegenstände, die alte Menschen noch immer in ihrer Wohnung aufzubewahren pflegen. Allianz Altersvorsorge-Experte Lars Schmitt sieht hier dementsprechend gute Investitionsmöglichkeiten für junge Menschen, denen herkömmliche Altervorsorgemodelle bisher suspekt geblieben sind: „Eine Flasche Doppelherz mit Paracetamol wirkt oft schon Wunder!“


Das Bio-Wetter

Nutria-Pollen wirken sich negativ auf ihr Shakra aus. Sollten sie unter Lactose-Intoleranz leiden, meiden sie heute den Westen Deutschlands. Für die Milben-Allergiker ist es dagegen der ideale Tag, ihren Traumfänger zu waschen.

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4. August 2008
4. August 2008 D: 0,10€
gonzosophie | 04. August 08 | Topic 'Nachtschicht'
Die Nachtschicht hat mich wieder. Das ist ihr Glück! Denn anstatt mich vor dem zu Bett gehen zu duschen, habe ich entschieden, mich einer viel sinnvolleren Tätigkeit zu widmen: dem Vollwert-Journalismus. Nach eingehendem Studium sämtlicher großer Tageszeitungen bin ich nämlich zur Überzeugung, dass jene auch ungeduscht und übernächtigt zu überbieten sind. Sehen sie selbst.




Clement erwägt SPD Austritt


Das ehemalige Super-Parteimitglied Wolfgang Clement erwägt laut unbestätigten Meldungen einen Austritt aus der SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands). Die Partei und ihr Freund hatten sich schon länger auseinandergelebt. Dabei hatte er die Schutzpatronin der Armen erst Salonfähig gemacht. Nun reicht es Clement. Er wolle sich jetzt ganz unverhohlen seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied bei RWE Power und dem Deutschen Industrie Service widmen. Hier sehe er mehr „Gestaltungsmöglichkeiten“ als in der SPD, „die es nun plötzlich unangenehm findet, wenn ich Harz IV-Schmarotzer als Parasiten bezeichne und öffentlich dazu auffordere, andere Parteien zu wählen“, so Clement. Dabei hatte er noch verbale Rückendeckung von einem Parteivorsitzenden einer ehemaligen Volkspartei erhalten, der an dieser Stelle nicht genannt werden möchte: „Wenn ich Kurt Beck wäre, würde ich an Clements große Verdienste erinnern, die er sich in seiner langjährigen Tätigkeit in der SPD erworben hat. Schließlich hat er seinen Mitgliedsbeitrag immer pünktlich überwiesen. Außerdem ist er nicht ausgetreten. Das ist doch schon mal was….“


Kommentar: Quo Vadis, Sozialdemokratie? Deine Stärke hast du verloren, denn deine Einheit hast du verloren. Bei solchen Konterrevolutionären hätte in besseren Zeiten kein Schiedsgericht, sondern ein Standgericht entschieden. Aber eine derart kleine Partei kann sich umfangreiche Säuberungsmaßnahmen nun einmal nicht mehr leisten. Traurig aber wahr: Unter Adolf hätte es das nicht gegeben!

Ihr J. Stalin

Wissenschaft:
Amerikanische Wissenschaftler haben nach eigenen Angaben in einer Studie herausgefunden, was wir schon lange zu wissen glaubten, uns aber nicht zu glauben trauten: Wer öfters Sex hat ist seltener belesen. Wenn sie dem Ergebnis nicht trauen sollten, lesen sie es nach.

Horoskop:
Da die Sonne heute in der ihrem Untergang entgegengesetzten Himmelsrichtung aufgeht, dürften alle ungeraden Sternzeichen einen guten Tag haben. Dem Rest gelingen heute keinerlei Geldgeschäfte, der Sex jedoch recht passabel.

Wetter:
Heiter bis wolkig mit Wind aus wechselnden Richtungen für große Teile des Bundesgebietes. Die Niederschlagswahrscheinlichkeit ist auch nicht höher als an vielen anderen Tagen.



Kathi guckte schon immer etwas komisch ... aber warum auch nicht?

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26. Juli 2008
Gegenindikation
gonzosophie | 26. Juli 08 | Topic 'Nachtschicht'
Dieses Geräusch eines Johnny-Walker Deckels hat einen besonders einprägsamen Klang, wie eigentlich alles Metallische. Eine gewisse Amplitude, jedes mal gleich, öffnet man die Flasche um sich nachzugießen. Das Glas jedoch, das Knacken des Eises klingt immer verschieden - natürlichen Schwankungen unterworfen, der Temperatur und dem Füllstand. Faktoren, die den Geschmack beeinflussen, den Tastsinn. Dagegen fassen sich Patronen eigentlich immer gleich an, egal wie viel Scotch man schon gekippt hat. Mehr noch als der Schraubverschluss jener Flasche ist das Kaliber 9mm ein Massenprodukt, dazu gemacht unter allen Umständen auf die gleiche Art und Weise zu funktionieren. Formvollendete Perfektion, steril gehalten, ein seltsames Gefühl zwischen den fleischigen Fingerkuppen, egal wie lange man darauf starrt.
0,32 Gramm Treibladung, die einen Gasdruck von 2600 Bar entwickeln um ein Geschoss von 5 Gramm auf etwa 500 Meter pro Sekunde zu beschleunigen und dieses mit einer Energie von mehreren hundert Joule ins Ziel zu bringen. Die 9mm neigt jedoch dazu, weiches Gewebe mit einem relativ kleinen Wundkanal zu durchschlagen und so wird oft viel Geschossenergie außerhalb des Ziels vergeudet. Eine Austrittswunde ist die Folge und je nach Gewebe verlässt viel Material den Zielkörper. Nur die Teilmantelvariante pilzt beim Eintritt ins Fleisch auf und überträgt damit effizient ihre gesamte Wucht auf kurzer Strecke innerhalb des Ziels. Trotz des dadurch größeren Schocks und höherer Letalität wirkt diese wie jene Variante selten sofort tödlich - selbst ein Schuss direkt ins Herz lässt dem Ziel noch bis zu 10 Sekunden Zeit daran zu leiden bevor es kollabiert. Wird einem nicht direkt der Hirnstamm zerstört, registriert man noch, dass man getroffen wurde, auch wenn große Hirnareale bereits an der Wand hinter einem hängen.
Fusel und 9mm sind deshalb keine gute Kombination, auch wenn man weiß wohin man schießen muss. Allzu schnell unterlaufen einem Bedienfehler, man hält die Waffe schräg oder rutscht am Druckpunkt der Abzugsfeder ab. Wer auf Nummer sicher gehen will, fertig sich deshalb für seinen Kopf ein kleines Futteral mitsamt Schiene an, auf der er seine Waffe in idealer Position fixieren kann. Schon einfache Laubsägefertigkeiten sind dafür ausreichend, selbst wenn sie zu zittrigen Händen neigen.

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4. März 2008
"Traum" revisited
gonzosophie | 04. März 08 | Topic 'Nachtschicht'
Ich träumte heute Nacht wie apokalyptisches Feuer im Schlepptau eines quietschgrünen Ford Fiesta die Erde mitsamt meiner selbst in die ewig qualvolle Verdammnis trieb. Ich weiß weder wie er zu deuten ist, noch wodurch dieser Traum verursacht wurde - ob durch Hollywood-Gewalt oder Physiker, die danach streben auf unserem Planenten schwarze Löcher zu erzeugen. Letzteres würde allerdings erklären, warum die Hölle ewig währte und trotz Feuerqualen gänzlich finster war. Von Ewigkeit zu träumen …
Jedenfalls musste ich mich hinterher fragen ob dieser Fiesta tatsächlich dazu im Stande war Armageddon auf die Erde zu bringen, oder ob er nicht vielmehr vor dem jüngsten Gericht zu fliehen versuchte. In meinem Traum war er ganz offensichtlich ein apokalyptischer Kleinwagenreiter, ich fürchtete mich bei seinem Anblick. Nun aber ziehe ich die zweite Variante vor, in einem grünen Fiesta der ewigen Verdammnis zu entfliehen, bis einen das alles verzehrende Feuer schließlich doch entflammt. Mich und meinen Fiesta. Das wäre ein schöner Traum gewesen, Herr Regisseur.

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23. September 2007
letztes
gonzosophie | 23. September 07 | Topic 'Nachtschicht'
Meine bleiernen Glieder sind wie angenagelt, wollen sich nicht ablösen, von den Brettern, aus den Kissen. Alles gähnt nach Starre, schreit jede Bewegung zu Boden. Aber ich muss, muss raus. Einmal noch wach bleiben, einmal noch. Ein leeres Bier grüßt aus dem Halbdunkeln. Die Gardinen habe ich seit Wochen nicht mehr geöffnet. Herausstolpern, nach unten. Kaffee, tiefschwarz, sich vielleicht noch etwas hinsetzen. Ausruhen, einmal noch. Doch die Zeit kommt mich holen, schickt mich los, ein letztes Mal noch. Ein letztes.

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18. September 2007
3490, Student
gonzosophie | 18. September 07 | Topic 'Nachtschicht'
Es ist ja nicht so als wären die meisten Leute hier unsympathisch, vielleicht hätte ich auch nicht den Fehler machen sollen, in der Pause ein Buch zu lesen - wohl ein Affront. Aber wie der zurückgekehrte Schichtführer das Wort "Studenten" betonte, in dem Satz „Das hier ist mal eine Arbeit für Studenten“, das hat mir kurz vor Feierabend wieder einmal gezeigt, wie man sich unter Menschen begegnet. Scheiße fällt nach unten, als Ferienarbeiter ist man ganz unten; ein Platz, an dem man es sich allerdings als Philosophiestudent schon einmal bequem machen kann. Obschon man immer noch etwa 1000€ monatlich mehr verdient als der Leiharbeiter, der hier die gleiche Tätigkeit ausübt. Nunja, unsereiner ist ja Leiharbeiter in spe, da sollte man sich langsam an die Lohnerniedrigungen gewöhnen. 4 Tage noch, oder eher Nächte. 2 Wochen später verlässt der letzte „*Student*“ diese Hallen, ab dann kommen nur noch Leiharbeiter nach. Denen muss man keinen Tariflohn zahlen oder gar Überstunden.
Wo die Scheiße hinfällt ….

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12. September 2007
Mellow Yellow
gonzosophie | 12. September 07 | Topic 'Nachtschicht'
Ich habe nun 2 Tage mit Hassan gearbeitet. Ein sehr angenehmer Zeitgenosse, bezeichnet sich selbst als „Moslem und Atheist“, spricht den 3mm geschorenen Blasmusikanten mit „Hey, Bimbo“ an. Auch forderte er den Sachsen dazu auf, doch „zurück in den Osten“ zu gehen, wo er her komme. Da Hassan selbst vom Balkan stammt, fand ich das eigentlich sehr amüsant, er wohl auch. Trotzdem redet er nicht zu viel; auch nicht zu wenig. Beides ist wichtig, wenn man sich 8h lang Stahlkassetten zuwirft.
Aber ich bin müde, sehr sogar. Das ist ungewöhnlich. Vielleicht hat mich irgendetwas erwischt. Es ist kann auch nur die Kälte sein, die hier in den Bergen ungewöhnlich früh in die Abende und den frühen Morgen kriecht. Könnte auch ne Lebensmittelvergiftung sein, das weiß man nicht. Egal, Donovan wiegt mich nun in den Schlaf. Nachti Nachti…

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10. September 2007
Der erste Morgen, wieder mal
gonzosophie | 10. September 07 | Topic 'Nachtschicht'
Ich weiß gar nicht wieso ich mich so aufrege. Ich kann doch sehr frei atmen jetzt. Niemanden interessiert, was ich tue, mich am wenigsten. Das bisschen drücken in der Magengrube, das bissen Kratzen am Hemdkragen, vernachlässigbare Randerscheinungen. Es ging mir schon schlechter. Es ging dir schon schlechter. Und so geht es offenkundig allen besser.
Die Nachtschicht hat mich wieder. Das Öl, der schlechte Schlaf, die brütende Langeweile. Ich weiß gar nicht wieso ich das noch mache. Wofür bräuchte ich das Geld, außer für mein Auto. Es benötigt Wartung, pflege, ich gönne ihm mehr als mir. Es nimmt mehr von mir an als jeder Mensch. Es kann auch nicht widersprechen, ablehnen, mich mit versteckten Gesten in die Schranken weisen.
Dummes Geschwätz – alles hier, und dort draußen, wo die Menschen mir begegnen. Mich ansprechen, als würde man miteinander reden. Als gäbe es irgendwo größeres Interesse als die Zeit durchzubringen. Als nach Hause zu kommen, sich den Schnaps an den Hals zu stemmen oder die Frau vor die Lenden. Ich bin einfach satt geworden. Wenn man zu lange hungrig ist, spürt man ihn irgendwann nicht mehr, den Brand. Es ist nur noch die Erinnerung, dass man eigentlich mal was hätte essen müssen. Eine Konvention, kein Verlangen mehr.
Das hat doch einfach keinen Wert

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