Gonzosophie
30. August 2007
vor dem Schlund
gonzosophie | 30. August 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Ein Gurgeln, ein Flüstern ein Hauch. Schon wieder ein neuer Tag, jedenfalls hat man mir das gesagt, irgendwann einmal. Aus diesen ungewaschenen Laken zu kriechen, wenn es noch nicht mal ganz hell ist aber schon Tag, ekelhaft. Es ähnelt dem Abstreifen von verwendeten Condomen, nichts versichert einem so der Erbärmlichkeit allen Seins, insbesondere des eigenen. Wie komme ich nur darauf, was hat das miteinander zu tun? Es gibt keinen Abstand, keine Trennung des Profanen mehr. Auch das Wort „Schlampe“ hat seine Konnotation verkehrt, welche Differenzierung könnte es mit seiner alten Bedeutung noch leisten. Wer würde es heute noch negativ verwenden. „Jungfrau“ hat seinen Platz eingenommen. Gott, wer wollte sich denn sehen lassen, auch nur einen Kaffee trinken mit einer jungfräulichen Maria. Worüber sollte man mit der schon reden? „Kafarnaum, aha, soso“ Reinheit wurde durch Hygiene ersetzt. Hauptsache gewaschen, das wirkt anständig und hält die Funktionen aufrecht. Amtlich. Hier könnte man vom Beckenboden essen, wenn man denn wollte. Ich zeichne es nach mit meinen Gedanken, mit dem gröbsten Pinsel schmier ich es hin, bedeutungsschwanger, doch ärmlich im Ausdruck. So gebührt es, so ist es recht. Ich lehne mich zufrieden zurück, in meinem Sessel, doch Lächeln kann ich nicht. Alles steril, zu tot, selbst für mich. Ich schaffe es nicht mehr den Zeilen Leben aufzupflanzen, schmiere nur hier und dort einen Krumen Mutterboden hin und begieße den Triumph des Fleisches über, ja worüber nur?

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29. August 2007
Zig Zag Wanderer
gonzosophie | 29. August 07 | Topic 'Selbstbehauptung'

Wenn dir der Tag nur noch Schmunzeln abringt, weil dir die Tiefschläge wie die eines Anderen vorkommen, zu weit weg als das sie schmerzten, aber doch zu nah um darüber Lachen zu können; Wenn dir die Müdigkeit in allen Knochen steckt, aber jene Empfindungen so wunderbar dämpft und deinem Dasein wenigstens noch den Sinn gibt, dem Körper mehr Bewusstsein abzuringen; Wenn dir alle Schönheit nur noch vorkommt wie ein Abziehbild, alle menschliche Aufmerksamkeit wirkt wie ein Tropfen Schweiß auf verdurstenden Lippen - dann hast du es endlich geschafft, gleitest langsam ins Delirium. Das Hirn schüttet einen bunten Cocktail natürlicher Opiate aus und du beginnst aus dir heraus zu lächeln. Dein Fassungsvermögen ist überschritten, der Quatsch geht an dir vorbei.

Genieße es, eines der letzen Hochgefühle, die dir vergönnt sind: „Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ – ganz immanent, ganz praktisch. Die beste aller möglichen Weltfluchten.

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28. August 2007
Bedauern
gonzosophie | 28. August 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Sich Furchen unter die Haut schneiden um zu spüren wie es rinnt, das Blut. Sich Salz in die Augen streuen um zu sehen wie die Netzhaut zerplatzt. Neues entdecken. Dein Körper ist ein Wunderland, täglich. Gehe mit mir auf eine Reise zu den Endstationen deiner Wahrnehmung. Wir warten dort schon auf uns. Irgendwann einmal wird es soweit sein, dass wir werden was wir sind und waren. Eine Einheit, aufgelöste Einsamkeit im Plasma der Spezies. "Was faselst du schon wieder?" Wie schön wäre es deine Stimme zu hören, nicht nur im Widerhall meiner Gedanken. Doch ich erinnere mich nicht, kann nur Bilder sehen, wie du sprachest, die Bewegungen deiner Lippen verfolgen. Waren da schon kleine Fältchen? Gesehen hast du mich nicht, nur das Gewicht gespürt, das neben dir saß. Ein Abdruck in den Kissen, nichts weiter. Ich kroch mit den Fingern unruhig umher, auf der Suche nach meinen Absichten; Fand sie nicht und ging, es hatte den Anschein als wäre das besser so. Auch Finger können falsch liegen, gerade wenn das Licht so fad ist. Die Zeit ist nicht linear, nicht in der Reflexion. Ich breche mich und dich. Und so bleibt es liegen, bis morgen. Dann ist ein neuer Tag.

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24. August 2007
Das Fräulein
gonzosophie | 24. August 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Sie isst kein Fleisch, denn Menschen solltens’ besser wissen. Auch sonst hat sie sich gut unter Kontrolle und lässt nicht viel nach Außen. Den Bikini trägt sie nur im Urlaub, in südlichen Gefilden. Are brown ballocks slapping louder?- Nicht dass sie es sich trauen würde, nicht einmal sprechen könnte sie davon; doch träumt sie und sie war schon in der ganzen Welt. Sie kennt den Jetset, im Urlaub - wenn sie Bikini trägt.

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21. August 2007
"Bello, sag mal..."
gonzosophie | 21. August 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Ich schreibe nur noch, Tag und Nacht. Das Kratzen meiner Stifte klingt nach einem Hund, der gierig den längst leeren Napf mit der Zunge vor sich her treibt. Unter diesem Kratzen bin ich stumm geworden. Es ist ja nicht so als würde jemand mit mir reden. Ich halte Monologe. Und wie man einem Hund gut zuredet, ihm an die Seite klopft, wenn er etwas Possierliches treibt, so ernte auch ich ab und an ein Schulterklopfen; ein paar nette Worte. „Hast du fein gemacht“.
An meiner Lage - an mir - hat sich nichts verändert. Schreiben stellt keinen Sinn dar, füllt das unschuldige Blatt nur mit Schwärze, dunkler Galle auf. Wahr genommen hat mich niemand.
Ich mache eine Pause, lehne mich an die Wand; dort wo die Heizungsrohre entlanglaufen, wo sie nicht so schnell auskühlt, in der Nacht. Mein Blick fällt auf den Spiegel und ich gefalle mir wieder mal so gar nicht, wenn ich versuche mich mit deinen Augen zu betrachten. Ich denke das gelingt mir gut. Schon wieder bist du in meinem Kopf, obwohl ich weiß, dass du dort gar nicht sein willst, kein Bedürfnis hast für dies Geschwafel. Ich habe es ja auch nicht, erscheine mir schon selbst wie eine ewige Jammergestalt. Mir fehlt der Elan, die Energie um zu wirken. „Man muss sich selber loben“. Egozentrisch genug bin ich, nur leider ein Lästermaul. Dabei würde ich einfach gerne mal wieder richtig tief lächeln, selbstvergessen, wenn es sein muss.

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16. August 2007
Maximenwechel
gonzosophie | 16. August 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Ich war schon immer ein Freund von Tragikkomödien. Doch in letzter Zeit mag ich mir keine Filme mehr ansehen. In jedem Film geht es um Beziehungen, um Assoziationen, die ich vermeiden muss. Mein Leben gleicht momentan eher einem postmodernen Experimentalfilm ohne erkennbare Elemente. Ich hätte gerne etwas mehr Ska in meinem Leben und würde lieber etwas weniger Bushido um mich herum sehen. Vielleicht muss man da Schillers Maxime folgen, dass man nicht schöne Dinge fordern darf, sondern nur fordern soll, dass die Dinge um einen möglichst schön sein sollten. Wer die Existenz schöner Dinge fordert, ist seiner Meinung nach zwar eine schöne Seele, aber zum Scheitern verurteilt. Ich kann mir momentan dazu kein anderes Mittel denken als Reduktion. In der Einfachheit liegt oft Schönheit, in der Begrenzung der Bedürfnisse Glück. Man muss den Sucher wieder auf andere Dinge lenken als auf unerreichbare, unmögliche Wunschträume. Muss seine Realität den Möglichkeiten anpassen. Das, was ich eigentlich nicht mehr tun wollte, was mir höchst zuwider war. Aber ich bin zu nichts anderem fähig, das habe ich nun mehrfach erfahren müssen. Schuster, bleib bei deinen Leisten. Mein Part liegt darin die Dinge zu betrachten, zu überdenken, nicht sie zu tun. Für Gefühle, für Ideale zu schwärmen, nicht sie zu leben. Daran ginge ich zugrunde. Ich bin ein Zuschauer, kein Akteur. Bin die Leinwand, nicht das Licht. Es bleibt mir nur, der Chronist von Schönheit zu sein, die ich niemals teilen werde.
...
„Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich;
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.“

Friedrich Schiller, Nänie

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13. August 2007
Autolyse
gonzosophie | 13. August 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Schluss. Ich reiße die Markise ab, vernagle die Fensterläden und verriegle die Tür. Die letzten Versuche, die Lügen wider mich selbst, spüle ich durchs Klo. Danach schließe ich das Bad ab. All das brauche ich nicht mehr. Your Home is your Castle.
Durch die Türritzen dringt Kichern, sie lassen sich schwerlich abdichten. „Draußen ist feindlich“, doch vor dem Hall habe ich keine Angst. Außenwelt lässt sich durch Krach übertönen, nur zu sehr auffallen darf man nicht. Sonst klopft noch jemand an - Wie lächerlich. Die Axt steht griffbereit neben meinem Bett.
Schnaps schützt vor dem Wahnsinn, Schmerz vor der Einsamkeit. Alles andere birgt Gefahr. Ich setze mich dem nicht länger aus, nehme diesen Wahnsinn nicht mehr in Kauf, lasse mich nicht weiter quälen. Macht doch was ihr wollt, nur ohne mich ("das ist natürlich leicht gesagt, wenn es eh niemand merkt"). Hier dringt keiner mehr ein. Ich habe Glasscherben verstreut, wandere auf Zehenspitzen umher. Ansonsten liege ich wund. So ist’s recht, denn richtig habe ich es gemacht. Mir sind keine Fehler unterlaufen. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, durch wen auch. Nun bin ich absolut – Ich.

„Ich bin nicht durch mich selbst entstanden. […] Es war unmöglich, daß statt meiner ein anderer entstände; es ist unmöglich, daß dieser nunmehr Entstandene in irgendeinem Momente seines Daseins anders sei, als er ist und sein wird.“

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31. Juli 2007
Der legendäre Dwight Ulysses McBee
gonzosophie | 31. Juli 07 | Topic 'Selbstbehauptung'


Ich habe genug von dieser Kaffeepadgesellschaft! Von granulatgespeisten Köpfen, die Pellets fressen! Klassifizierter, normierter und portionierter Quatsch für die hauseigene Kantine - Verreckt doch dran!
Nein, ich komm nicht klar, ich beruhige mich nicht. Mir schmerzt der Arsch vor Ruhe, der Rücken schreit nach aufrechter Haltung. Nein, danke, sonst geht es mir gut, aber nett, dass sie gefragt haben. Vielleicht noch eine Tasse Tee mit Kandis vor dem Schlafen, für die Nerven und überhaupt. Das Leben kann so gemütlich sein, wenn man will. „Alles was ich will ist nichts mit euch zu tun haben!“
Doch morgen muss ich schon wieder raus: fressen, grinsen, grüßen - Alltag nennt man das, oder sich kaputt machen lassen. Warum sich selbst zerstören? Wir leben in einer Dienstleistungsgesellschaft. Wenn ich schon nichts leiste, so endverbrauche ich wenigstens. Unmengen an Strom ermöglichen den Verlust meiner Tage. Darf ich ihnen in aller Form das Du anbieten? Menschen wie wir müssen etwas tun müssen. Wer muss, der kann nicht fragen warum oder wozu. So zu war ich schon lange nicht mehr – abgekapselt, ausgedacht. Abgeschlossen, der Sicherheit halber. Trotzdem danke … und beehre mich bald wieder. Ich habe ein neues Treuepunkteprogramm. Darauf kommen wir noch zurück.

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30. Juli 2007
Monday, the 30th of July
gonzosophie | 30. Juli 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Den Teufel gibt es nicht. Oft genug habe ich ihn beschworen. Ich bettelte ihn an, mir ein Leben für meine Seele zu geben. Habe nachts auf ihn gewartet, ihn tagsüber gesucht. Nicht einmal er schenkt mir Beachtung. Und ich werde noch immer nicht wahnsinnig, höre keine Stimmen, so angestrengt ich lausche. Alles bleibt real, die Träume dringen nicht auf diese Seite. Das Experiment ist missglückt. Alle Versuche sind gescheitert. Nichts ist passiert, wird passieren. Ich habe mich in die Wagschale geworfen und nichts gewonnen, schlimmer noch: Ich habe nichts verloren. Was bleibt nun noch zu tun? Gibt es noch unbeschrittene Wege? Ich weiß nicht einmal, wohin ich eigentlich gehen wollte.

Du hättest mich vielleicht verstanden. Was soll mir nun noch einen Grund geben, weiterzugehen, außer der Stolz und die Angst – oder der Ekel. Dieser abscheuliche Ekel vor der so apologetischen wie gewöhnlichen Elegie des Versagens. Ich will gänzlich Scheitern, ohne Entschuldigung, ohne Ausrede. Dieses Leben lässt sich nicht richten; nur im bedingungslosen Scheitern lässt es sich rechtfertigen - durch das Falsche nichten. Wälze deinen Stein, bis er dich zerquetscht: Es ist dein Stein!

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27. Juli 2007
27.
gonzosophie | 27. Juli 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Wie wenig man doch aus den Tagen machen kann. Eine Stunde ist nichts als ein wenig Schlaf in den Füßen oder Kribbeln, in den Zehen vielleicht. Ich mag das. Der Körper verwest partiell. Diese schönen, lauen Tage ohne Frische. Einfach in sich bleiben, bei Tee und etwas Zwieback.
Wer zur Hölle mag eigentlich Wacholder? Wer ist jemals auf die Idee gekommen, einen Schnaps daraus zu brennen, Schnaps?! Diese Jungen Menschen kennen ihn nicht mehr, nicht den Geruch von Tannennadeln. Branntwein; so viel Wärme strahlt aus diesem Wort – Ich bin betrunken, nicht tauglich zu schreiben. Ich verschwimme in den Gedanken dieses Geruchs von Wäldern, dunkelgrüner Einsamkeit.
Welches Fazit würdest du unter deine Vita schreiben? Geht es da noch um Qualifikationen, um Reife? Ich kann auch gut ohne leben, „sich selbst ein wenig im Wege stehend“. Warum zeigen sie immer die Filme der Menschen, die kurz vorher verstorben sind? Wieso zeigen, was tot ist, wo wir noch leben, immer noch….
Doch da liegt auch der Trost, denn sie sind tot und nichts wird bleiben, von ihnen. Es gibt nichts zu erreichen, außer dem Nichts, das auf uns wartet.

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