Ich war auf der Straße und dort war es so heiß, wie ich betrunken. Ich weiß nicht, wusste nicht, was ich dort sollte. Aber ich bin mir sicher dort gewesen zu sein. Nicht nur ich bin es gewesen. Teil war ich, Teilmenge. Es gibt ja Situationen, die klingen vielsagender als sie sind. So etwa: Zwei Sekt bei Vollmond. Doch dann schmeckt der Sekt nicht und ihr schmeckt es gar nicht. Der Mond bewegt sich auch viel zu schnell. Aber das war etwas anderes. Das war davor.
"Schon wieder da?" Die einzige Frage ist es, die man mir noch stellt. „Schon?“ Hätte ich später kommen sollen, oder überhaupt nicht? Ich bin mir selbst nicht mehr ganz sicher. Entschuldigen werde ich mich in keinem Fall. Das ist Teil des New Deal. Wann war das? Da waren Menschen, die schlugen aufeinander ein. Irgendwie erinnerte mich das an mich selbst. Gemahnte mich, Prioritäten zu überdenken. Konsequenzen abzuwägen und Menschen umzuwerten. Letztlich kommt man dazu, sämtliche Allsätze zu verwerfen. „Liebe ist alles“ „Alles ist schlecht“ „Was soll das alles?“ - Ungültige Ausdrücke. Klarheit, Einzelaussagen braucht es. „Ich liebe X“ „Ich hasse X“ „Ich suche einen Mitbewohner Y“. Welcher Term soll es sein?
„Menschen bringen einen weiter!“, sagte sie, als wir wieder an genau derselben S-Bahnhaltestelle ankamen, an der wir ausgestiegen waren. Plötzlich liefen wir mitten in diesem Umzug mit. Schwule waren es, Frauen und Fetischisten. Abneigung erntete nur ich.
Aber irgendwann hört auch das Denken auf. Damit die Zeit. Endlich wird sich das Fühlen verlieren. Eines Tages wachst du auf und es ist der letzte Tag, vom Rest deines Lebens.
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Als ich noch jung war, da brauchte ich nur Papier auszulegen um die Zeilen, die Verse aufzusaugen, die sich aus mir ergossen. Doch zu was für einen Menschen hat mich das gemacht? Es ist ja nicht so, dass einen bloß die äußeren Umstände in eine Rolle drängen. Und wer sonst wechselt seine Bettlaken höchstens einmal der vielen Tintenflecken wegen? Nun drängen die äußeren Umstände schon länger dazu, die bisherige Rolle abzulegen. Wieso auch nicht? Mit dem Alter fällt es immer schwerer, dem Papier noch ein paar Wörter zu erpressen. In jedem Tropfen schmeckt man alte Zeiten wieder, glücklich machen sie einen nicht mehr, zeigen sie doch wie verdorrt man mittlerweile ist. Trotzdem, die Rolle seines Lebens legt man schwerlich ab. Schon gar den Stift nicht aus der Hand, egal wie müde sie auch sein mag. „Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen/ Gilt für weise.“ Noch schreibe ich gegen das Vergessen an. Schreibe mich weiter, neue Zeilen meiner Rolle inmitten eines schlechten Films. Ich bin ein self-made-up man, erzähle mir mehr davon. Es wird einmal. Doch wer glaubt noch an solche Märchen; wer nimmt die Filme noch ernst, die Dialoge aus denen wir unsere Leben zusammensetzen. Für die Kritik leicht durchschaubar, hätte ihr Wort Gewicht.
( Kommentieren sie diesen Beitrag auf gonzosophie.de)Ach immer dieses morbide Gerede, dass macht dich zum Katholiken und zu einem unbeliebten Gesprächspartner. Kannst du nicht einfach mal über das Wetter plaudern wie jeder andere auch, oder auf „die da oben“ schimpfen meinetwegen?
Also ich bin ja der festen Überzeugung, dass man nur über Themen sprechen sollte, von denen man zumindest mehr versteht als der Durchschnitt der Bevölkerung. Das würde nicht nur angenehm viele Menschen zum absoluten Schweigen bringen sondern ganz nebenbei auch noch ein paar neue Tabuthemen erschaffen, allen voran das Wetter, aber auch Finanzpolitik und Sex.
Aber du nicht, du kannst natürlich über alles reden, schließlich hast du ja von allem Ahnung!
Nun, ich will ja nicht prahlen, aber dass ich dem Normalbürger gegenüber durchaus…
Da haben wir es doch schon wieder!
Was haben wir da schon wieder?
Na deine morbide, katholische Menschenverachtung. Von wegen „angenehmen Schweigen“ und diese ständigen Angriffe gegen die „Normalbürger“…
Ich hab doch gar nichts gegen Normalbürger gesagt, das ist doch in keiner Weise ein wertender…
Gesagt hast du es natürlich nicht, nein, aber du hast es gemeint!
Bitte?
Deine Spitzen gegen alles und jeden, diese andauernde Nörgelei ist doch offensichtlich, egal was du nun gerade wörtlich sagst. Hinter allem steckt doch dieser sarkastische Grießgram.
Aha, egal was ich sage, ich meine dabei immer etwas Schlimmes. Klar, dann ist es ja auch egal, was ich nun über wen auch immer sage, denn schließlich…
Nun drehst du es wieder wie es dir passt, auch wieder typisch. Alles wirkt dann plötzlich so, als hätte der Herr immer Recht gehabt.
Das mag daran liegen, dass ich immer Recht habe.
Und dich dann aber plötzlich wunderst, dass niemand mehr mit dir reden mag, geschweige denn diskutieren und du dir selbst irgendwelche…
Ach das ist nun plötzlich auch meine Schuld, dass andere Leute sich nicht im Stande sehen mit mir zu reden.
Ja wessen Schuld sollte es denn sein? Oder glaubst du etwa sie hätten plötzlich das reden gänzlich eingestellt und die Funkstille, die zwischen euch herrscht, sei dabei nur ein schweigender Kollateralschaden?
Möglich wär’s.
Und wir werden schon wieder sarkastisch.
Und wir benutzen schon wieder Anbiederungspersonalpronomen.
Ich gebe es auf, mit dir kann man einfach nicht normal reden.
Es ist ja auch nicht so, als würde jemand etwas sagen.
…
Ich mache Karamell, ich trinke selbst gesuchten Tee und streiche über meinen Bart, der jeden Tag noch etwas mehr zerzaust. Vielleicht ist es die Stille, die mich schweigen lässt. Vielleicht macht mich die Kälte alt.
Ich bräuchte eine Stimme, ein warme, um meinen Worten Atem einzuhauchen. Dem Leben zu verleihen, was nun so karg und bleistiftgrau hier vor mir liegt. Es gibt nur dem sich her, der es laut liest:
Kein schlimmres Los als unter Menschen sein, die man nicht kennen kann. Denn jeder lebt und stirbt allein. Kein schlimmres Los als Einsamkeit gehört zum Menschensein, denn an ihr stirbt die Menschlichkeit. Nichts gibt es außer einsam sein, in jedes Du dringt es hinein. Kein schlimmres Los als Mensch zu sein. Allein.
Ich entsorge. Kümmere mich nicht mehr. Es gibt kein Objekt für mich, keine Referenz mehr. Da ist kein Wille. All dieses Feuer war nur eingebildet – Ich bin ein Pyroxen, dass Herostratos sein wollte. Ändert sich dadurch nun etwas? Kaum. Der Schlaf wird ruhiger, dunkler. Die Spinnen verschwinden aus den Träumen, die zerbröselnden Zähne. Nicht mehr hinausgehen, den Blick konzentrieren. Eine Festung aus Raufaser. Unschuldig weiß.
Und so bleibt auch mein Schreibblock kalt und trocken. Handelt von niemandem mehr außer einem Niemandem für Jedermann. Die Welt wird egalisiert. Jetzt gilt Parataxe. Ich lege die dicken Socken raus. Ich höre Musik.
Mir geht es nicht anders. Ich flache ab, ich kränkle. Kopfschmerzen, Schnupfen, Müdigkeit. Gott, dieser Tag ist zuviel für mich, diese Woche. Möchte mich verkriechen und bin schon längst verkrochen.
Was habe ich geschrieben, die letzten Tage? Der jüngste Text ist immer der schlechteste, wird es immer sein. Man möchte ihn gleich löschen, mittlerweile weiß man es besser. So entstehen Zettelberge, Logdateien, Backups des Versagens, aus denen man Schöpfen kann. Nur kratzt der Staub während des Lesens etwas an der Stimme. Ich versuche mich zu konzentrieren. „Klar zu kommen“. Sehe doch nur Funken in den Augenwinkeln. Es ist schon wieder mitten in der Nacht und ich erneut im Bann dieser seltsam müden Euphorie. Manie vielleicht. Das erkennt man erst hinterher, beim Wühlen in den Tagen, den Zettelbergen. Immerhin, ein ganzer Text ohne dieses ewige „du“.
Wohin laufen die eigentlich alle, da draußen? Gibt es dort ein Ziel, etwas Lohnendes? Ich …geh nicht mit. In diese Städte, noch immer voll gesogen, mit Zuckerwasser, Milch, schwarz, verschimmelt und vergoren. Von Sonnenstrahlen angeröstet – wie Karamell. Klebrig. Unbarmherzig. Aus Wein wird niemals Traubensaft. Dies ist der gleiche Staat, im Aufschwung. Ich pendele zwischen Angst und Hass, neige zu Ekel. Seht euch doch an. Geduckte Schnellverzehrer. Gedankenlos, tatfreudig, zuhaus in Plastikschrott und Biomüll. Wofür?
Sie wissen’s selber nicht, es ist egal, und buhlen noch und prahlen unter ihrer schrillen Qual, als wär ein Arsch für Hoffnung, Sinn das Futteral. Als hätten sie in diesem Topf das Glück entdeckt, solange nur der Stopfen in ihm steckt. Verreckt auch mancher nebenbei, was macht das schon. Einerlei ist alles, solang die Glotze singt, das Bett nicht kalt. Ein Quatschkonzert.
Die einzge Sünde, die verbleibt, sich aufzuregen. Das Ketzertum ist Quengelei. Niedergeschlagenheit, Schilddrüsenunterfunktion. Dagegen gibt es Pillen, so viele. Ich lerne meine Lektion auch noch, ich muss, wir müssen. Die Gesellschaft gibt niemandem eine Aufgabe, die er nicht bewältigen kann. Scheitern ist ein Laster. Tue Buße, befreie dich davon.
Oh Brüder! Seid ihr blind denn, seid ihr taub?! Seht euch doch einmal um, nur einmal um! Seht ihr die Knochen nicht, die Leiber, die ihr gebrochen habt für euer Haus, für eure Kleider? Seht ihr den Krieg nicht, der die Zeche zahlt, der für euch feiste, fette Weiber die Tusche an die Wangen malt? Ist ein Erguss denn so viel wert, bleibt über dies die Kehle stumm?
Oh Brüder…
Ich, das Brüderchen? Ich war einmal vor langer, langer Zeit, ein Mensch, und nicht nur ich, doch heut –
Ich wohn allein, im Dachgeschoss, im Plattenbau. Um mich wächst braun, wird kahl und kalt. Und wer liest heut noch… Brecht?
Oh Brüder… Kommt!
Ein letztes, fröhliches Gelage. Bevor das Feuer uns verzehrt. Betrunken von der schönen Lage - als ob die Menschheit ewig währt. Der Nackte ist längst nicht mehr nackt. Besoffen, taumelnd, bin ich Wir. Die Gier, in Fleisch und Blut zuhaus, lebt offen aus! Was soll der Geiz? Spreizschenkel, Ficken - afternahes Ziel. Oh … Überschwang, zuviel, der Saft, den ich aus allen Löchern sauf, schafft Brechreiz nur.
Oh Brüderchen… Aus deinem Blut
Steh endlich auf!
Friedhelm Robben wurde 1983 im emsländischen Meppen geboren und lebt weder in Berlin noch Lissabon ohne Frau und Kinder. Er studierte Philosophie, Geschichte und Religionswissenschaft an der Wilhelmsuniversität Münster ohne bisher irgendeinen akademischen Abschluss erreicht zu haben. Er ist weder Autor erfolgreicher Bücher noch veröffentlichte er Beiträge in Zeitschriften und Magazinen oder gab solche heraus. Robben erhielt keine Anerkennungen oder Auszeichnungen und wurde nicht mit Stipendien oder Förderpreisen ausgestattet. Derzeit ist er als freier Mensch in Münster untätig.