Gonzosophie
1. Februar 2008
Sophia
gonzosophie | 01. Februar 08 | Topic 'Autopoiesis'
Ach so viel, Sophie, wuchert aus dem Hirn, von Arbeit, Leben, Tod und dir – allein bin ich geblieben. Kein Sein hat sich geteilt mit mir, auch wenn es aus den Seiten blutet. Ja Sophie! noch knisterts unter meinen Fingern, dein Kleid, zu Nacht und Rausch verführt es mich. Doch aufgewacht lieg ich verlassen, stoß mir den Kopf am kühlen Morgen. Wohin, Sophie, schlägt mich dein ständig Ja und Nein, führt dieses ewige „Warum?“ Du gabst mein Herz mir in die Hand und dutzendweise Dolche. Niemand ist sonst, mit dem ich länger reden kann. Ich spei auf sie mit Analysen und grabsche gierig nach Prämissen. Ich bin so voll, Sophie, du schwappst mir übern großen Zeh, tränkst meine Lungen bis zuletzt im alten Meer, der Ursuppe der Dialektik. Ich bin zerdacht. Die Trümmer liegen da, so reich. So viel, o Sophie, zuviel.

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25. Januar 2008
wenn
gonzosophie | 25. Januar 08 | Topic 'Autopoiesis'
elysium und Nihil,
nichts Anzustreben,
Alles ist,
was bleibt.
Dann Ist die nacht
dein zuhaus,
ist Allein Alles,
was war.
denn Ohne Licht
ist blond
genauso Schwarz
wie schwarz;

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2. Dezember 2007
Pathos
gonzosophie | 02. Dezember 07 | Topic 'Autopoiesis'
Aus meiner Kammer dringt Weite in diese Bleizeit. Feuer umgreift mich, brennt jeden Zweifel zu Staub. Mehr als Leben, mehr als Schreiben; mythische Zeiten dringen aus mir. Prometheus wurde befreit, die Ketten liegen zerschlagen von menschlicher Hand. Orgiastische Nächte, göttliche Gelage fernab zersetzenden Lichtes. Aus dem Schoß der Erde klingt Dionysos Lachen herauf zum kargen Apoll, seinem Fledergewürm. Aus den dunkelsten Schächten schreit das sterbende Glück. Vergehend im Sumpf gärender Wärme, wie Kröten sich paarend, ununterschieden. Allheit, Einheit heißt Einsam, fernab von Dreifalt, köstliche Ganzheit. Es machen sich Menschen wie ihre Götter, genauso vakant; und werdend und wälzend; zerreden einander den Arsch voll Wahrheit. Bleigießerzeit.
In meine Kammer dringt kein leeres Gerede, keine Kröte bringt mir Morast. In den Staub meines Fleisches pflanz ich Gedanken. Entzünde den Kopf. Ein Funken in der Götternacht

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24. November 2007
Profanation
gonzosophie | 24. November 07 | Topic 'Autopoiesis'
So still ist es geworden. Die Nacht gibt sich nicht mehr in meine Träume. Sie liegen flügellahm am Morgen. Und licht schon ist der Abend. Was dunkel trunkner Schlaf gewesen, es ist längst wüster Tagestraum. Und scharf umstehn die Gegenstände mich. Kein warmes Auge blickt zu mir. Es sieht nicht her, nichts dringt aus mir heraus. Ich bin geleert. Das dumme Dasein drückt auf meine Kehle. Ich atme schwer. Der Tod hat seinen Stachel wieder. Mein Ich gibt sich den Dingen her. In dieser Hurerei soll ich jetzt leben. Ich esse Brot, ich stopf mich voll damit. Und frage nicht mehr weiter nach. Ich warte Weitergehen. Dass irgendwann ich abgekehlt mich kann herüber stehlen. Zur Nacht, zurück zum Traum. Der nur in Finsternis erwacht.

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19. November 2007
corpus vile
gonzosophie | 19. November 07 | Topic 'Autopoiesis'
„dass das Vorhandene schön und gut sei, können wir fordern; daß das Schöne und Gute vorhanden sei, bloß wünschen. […]
Es ist das Kennzeichen guter und schöner, aber jederzeit schwacher Seelen, immer ungeduldig auf Existenz ihrer moralischen Ideale zu dringen und von Hindernissen derselben schmerzlich gerührt zu werden. Solche Menschen setzen sich in eine traurige Abhängigkeit von dem Zufall, und es ist immer mit Sicherheit vorher zu sagen, dass sie der Materie in moralischen und ästhetischen Dingen zu viel einräumen und die höchste Charakter- und Geschmacktsprobe nicht bestehen werden.“

(Friedrich Schiller, "Über das Erhabene")



Sieh dich nur an. Das ist nun aus dir geworden, ein müder, alter Mann von nicht einmal 30 Jahren. Grau und ganz für dich. Und das durch dich, genau wie du es wolltest.
Du warst konsequent in dem Wenigen, das du getan hast. Du hast dich selbst verwirklicht, dein Sein in das Du-Sein gewandelt. Bis auf die letzte Faser hast du alles aus dir heraus gepresst, was nicht du selbst war. Und warum? Um wahrhaft zu sein. Um dich selbst respektieren zu können, damit auch Andere dich respektieren könnten. Um nicht allein sein zu müssen. Die Wahrheit ist: Du bist allein. Es ist nicht wahr, dass man sich selbst lieben muss, um andere lieben zu können. Sehr wahr ist dagegen, dass man sich selbst lieben muss, damit Andere einen lieben.
Das tun sie nicht. Du hast dich verwüstet. Die zerrissenen Ketten lasten schwer auf dir, die Konsequenz deiner Freiheit. Sie hat dich unfrei gemacht. Deine konsequente Freiheit sollte dich zu deinem wahrhaften Selbst bringen. Die einzige Konsequenz dieses Selbst ist das Scheitern an deiner Freiheit. So total wie du geworden bist, wird dein Scheitern sein.
6 Jahre hast du nun damit verschwendet so zu werden wie du denkst das Menschen sein sollten. Als Selbstexperiment, als Exemplum wieder den Ausreden, dem anglich unüberwindlichem Zwang der Dinge, der Gesellschaftswelt. Du wusstest es besser, wie du es immer besser weißt. Du hattest sogar Recht: Man kann prinzipientreu, kann moralisch sein. Man kann seine Freiheit und Spontaneität darin ausleben, sich immer wieder neu für das Moralische, das Gute zu entscheiden. Und man weiß eigentlich immer auch was das ist, solange man sich nur erlaubt darüber nachzudenken, inne zu halten, einen kleinen Schritt zurück zu treten.
Du bist zurück getreten, viele Schritte. Nun siehst du alle Anderen an dir vorbeilaufen. Du hast das Laufen verlernt, hast diese Menschen dir verlernt. Alles, was dir noch bleibt ist Rechenschaft abzugeben über Dinge, die du nicht getan hast. Tun kannst du sie nicht mehr, in ihren Konseqzenzen statt in deiner zu leben scheint dir unmöglich. Du darfst es nicht.
Früher hast du zugehört. Wenn du nun sprichst, dann nur noch über dich. Hör dir doch einmal zu. So vielen Leuten willst du sagen, dass du nicht mehr mit ihnen sprechen möchtest. Dabei redet lange schon niemand mehr mit dir. Ihr habt längst verschiedene Sprachen, sie mit sich und du mit dir. Du bleibst immer nur der Fremde in der Fremde dieser Fremden. Siehst ihnen dabei zu wie sie die Dinge tun, die sie für dich immer nur noch fremder machen. Und langsam wird dir klar, worin die Rechtfertigung ihrer Ausreden, der Zwang der Dingwelt besteht.
„Es gibt kein richtiges Leben im Falschen“, das bedeutet ganz praktisch, dass alles was dir gut und richtig ist nicht passt in dieses Leben. Es bleibt Gedanke, leerer Gedanke. Und du, der du nach Nähe und Freundlichkeit gesucht hast wirst sie niemals finden. Je mehr du versucht zu kommunizieren, umso klarer wird dir wie frustrierend deine Sprachlosigkeit angesichts dessen ist, wie du immer hilfloser mit ihnen und sie mit dir umgehen. Ironie und Sarkasmus versagen langsam.
Und so verstummt auch dein Schreiben, denn es gibt nur noch selten diese Momente in denen du dich von den Implikationen deines Ich-Gefühls frei machen und an ihm erfreuen kannst. Selten Nächte, die dich an- statt vor sich her treiben. Du bist zu deinen Gedanken geworden, doch dass ist die ultima frustratio für einen Idealisten in einer starren Welt. Du hast nicht gelernt deine Welt dem Außen anzupassen. Jeglicher Kontakt ist unmöglich geworden. Du bleibst in der Fremde.



"Entfremdet früh dem Wahn der Wirklichkeiten,
versagend sich der schnell gegebenen Welt,
ermüdet von dem Trug der Einzelheiten,
da keine sich dem tiefen Ich gesellt;
nun aus der Tiefe selbst, durch nichts rühren,
und die kein Wort und Zeichen je verrät,
musst du dein Schweigen nehmen, Abwärtsführen
zu Nacht und Trauer und den Rosen spät."

(Gottfried Benn, "Abschied")

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8. November 2007
„Ich werde nie mehr alleine sein wenn ihr wisst was ich mein“
gonzosophie | 08. November 07 | Topic 'Autopoiesis'
Was soll die Aufregung? Zeit ist eine Anschauungsform, 4 Uhr morgens nur eine Konvention – Alkohol ist eine Substanz. Flüchtig. Ich spüre nicht wie spät es ist. Ich fühle Leben, tatsächlich, Ich-Gefühl. Das ist keine Passivität, kein gedacht-werden. Ich bin der Autor, ich bin nicht tot!
Der Blog ist der Beweis. Ein Kartenhaus - ohne Referenz, ohne Urheber ist sein Dasein verloren. Es würde leerer Bezug. Sinnlos. Seelenlos. Seine Wahrheit ruht in mir. Ich bin der Operator, der Allquantor dieser Texte, sie sind Variablen meines Prädikats. Da gibt es keine unabhängigen Verknüpfungen, keine dezentralisierte Kommunikation. Flackern ist kein Morsecode. Web 2.0 ein Mythos – Die Referenz leer aber dessen Wahrheit allgemein akzeptiert.
Besoffen bin ich von der Produzierbarkeit meines Selbst, der selbstreferenziellen Sinngebung, der Phrasendrescherei meines pseudoelaborierten Codes. Unüberwindbar, wie man sieht. Unüberwindbar wie ich selbst. Unbequem nicht länger. Und so völlig eingesunken in diesen Schein von Miteinander, sogar von Füreinander. Das wohl wegen der finalen Effizienz der gehaltlosen Zuneigungsgesten. Der moderne Mensch kann Zusammenhalt nicht mehr durch gegenseitiges Lausen erzeugen. Das Ritual wandelt sich, bleibt aber lausig: Wir gruscheln. Wir kommentieren. So simulieren wir Aufmerksamkeit, wie wir uns selbst simulieren. Jeder ist sein eigenes Produkt, muss sich im Kurs halten. Bis zum Kollaps und darüber hinaus.
Das ist machbar.

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23. Oktober 2007
Der Alb
gonzosophie | 23. Oktober 07 | Topic 'Autopoiesis'
Manches Mal in ruhigen Nächten, wenn draußen nicht einmal der Wind sich regt und auch Freund Mond von seinem Lichte der kargen Erde gar nichts gibt, da lieg ich wach, ja fürchte mich und ich erwäge: Was nur, wenn hinter all der Schwärze das Feuer zweier Augen läge? Wenn aus alter, böser Sage, ein Dämon oder gar der Tod sich heimlich zu mir schlich.
Und ich spüre schon wie er sich aus den Schatten beugt, mit schwerem Atem fispern feuchte Lefzen an mein Ohr: „Du kennst mich. Immer war ich da. Ich strich umher, lag unter deinem Kinderbett. Ich war bei dir, von Anfang an. Nur schlief ich manches lange Jahr. Und fast vergessen hättst du mich… Schau an, wie alt du schon geworden bist. Nun sag mir, wer hat mich zurück gebracht? Ja, was hast denn du gemacht, mit deiner Zeit?“. Und leise lacht das Lästermaul.
„Nun sprich schon, ich mache dir ein Angebot. Ich lass dich los, ich geb dir Leib und Geist zurück, nennst du mir nur ein einzig Ding. Nennst mir auch nur ein einzig Mal, wo du mit deiner jungen Kraft, wo du mit allem Atem, Schweiß und Blut verlangtest, und errungen hast ein teures Gut. Nur eines das dir wichtig war – untrennbar nah an deinem Herzen. Eines nur - nun sprich! - das dir nicht einerlei und ... du wärst frei“.
So sprach, in dieser Nacht, nur er. Und Stille ward mein Schlaf, mein Atem. Ich erwachte
niemals mehr.

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16. Oktober 2007
Tiere
gonzosophie | 16. Oktober 07 | Topic 'Autopoiesis'
Warum wird mein Leib fahler jeden Tag, und schmirgelt sich die Einsamkeit in mein Gesicht. Nichts bist du mehr als blondes Haar auf schwarzen Hemden, und Staub in unbewegten Zimmerenden. „Du!“ rieselt Asche, die aus meinen Poren fällt.
Warum nur sprachen wir so wenig. Hatt'st wirklich keine Worte mehr für mich? Sie trugen mich doch erst zu dir. Als du noch Lippen hattest, hoch und rot. Ich bin kein Tier, ich war es nicht. Der Wald wird nie mehr mein Zuhaus.
Wo stehn wir nun, in welchem Grunde fallen wir? Trägt jemand Schuld, ist etwas falsch? Wohl doch nur ich. Dieses verdammte Tier in mir.

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14. Oktober 2007
en passant
gonzosophie | 14. Oktober 07 | Topic 'Autopoiesis'
Schwindeln, kreisen. Ins Auto steigen und das Dach aufreißen. Den Motor starten. Er läuft noch, treu und ruhig. Ich führe gern zu dir. Doch auch ziellos löst mich die Bewegung, befreit von aller Ungeduld. Ich muss nicht ankommen, en passant verpass ich nichts. Nur Wind und Wald, Sonnenfetzen. Beinahe ein Federtier. Die Welt ist einfach so, ganz. Und flüchtiger als jeder Blick.

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25. September 2007
Morgen
gonzosophie | 25. September 07 | Topic 'Autopoiesis'
Wozu schläft man eigentlich? Eine Dusche reicht meist völlig und ein Sonnenaufgang. Wer bekommt da keine Lust auf Mohnbrötchen mit Butter und Marmelade, auf Tee. Der Tag hat begonnen, unumkehrbar – und plötzlich ist man selbst ganz anders. Wer denkt nun noch an Schlaf. Wasser aufsetzen, Musik langsam aufdrehen, kurz in die Nachrichten hören. Vielleicht hält dieser Horizont ja einmal sein Versprechen, fügt den Tag in diesen Duft von Tee und Brot. Schenkt mir ein paar Stunden, die nicht einfach so vorüber ziehen. Mal schauen, ihn vor dem Abend schon zu loben, das hat er sich noch nicht verdient. Aber strahlend scheint zumindest der Himmel schon zu sein.

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