Gonzosophie
13. Oktober 2009
noch 09
gonzosophie | 13. Oktober 09 | Topic 'Autolyse'
Ich fühl mich heut so casual, time to getting dressed. Die lange Unterhose wärmt Leber, Nieren. Ein träges Herz friert so schnell nicht.
Da liegen Zettel, alte Briefe auf dem Küchentisch und Teller stehn darauf mit Kuchenrest und Kaffeefleck. Der Schierlingsbecher halb geleert, taugt zum Durchspülen der müden Zähne auch. Kein schöner Nachmittag, beileibe nicht.
Ich habe aufgeräumt und aus der Ordnung gähnt mir pures Glück entgegen, oder wie man das auch nennt, was all die Menschen treiben, wenn sie zweisam oder tätig sind. Ich lache folglich vor mich her, zum Lachen brauch ich heute kaum mehr einen Anlass als mein Spiegelbild und jenen Blick, den es in meine Innenräume gibt.
Dann tu ich einen Gruß an alle, die so sind wie ich. Der bleibt wohl ungehört. Mein Dasein dadurch ungestört. So ist es doch ganz gut für mich. Lange Langeweile.

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9. Mai 2009
Routinier
gonzosophie | 09. Mai 09 | Topic 'Autolyse'

Es ist Woche. Habe mich rasiert, mit nassem Kamm strich ich durchs Haar. Die Fenster sind geputzt, ich masturbierte schon und kaufte danach ein. Mein Schreibtisch ist geräumig, die Kerzen längst nicht abgebrannt. Nichts ist beim alten, doch alles bleibt. Mit kalten Händen hielt ich mich den halben Tag am Teeglas fest. Es stinkt nach Rauch. Um drei leg ich mich hin, drehe die Neubauten auf: "Ich steh auf Aus". Hier liege ich um Jahre zurück. Noch habe ich ein halbvolles Glas Wasser, noch muss ich die Tür nicht öffnen. Die Decke ist so hoch wie eh und je, der Boden weich. Nur graben lässt sich schlecht darin.

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23. März 2009
figunt simul creduntque
gonzosophie | 23. März 09 | Topic 'Autolyse'

Es geht mir eigentlich doch gut. Hab ein Fenster und die Sonne direkt neben meinem Tisch. Musik kann ich hören und hätte vielleicht Geld, wenn ich mich nur drum kümmerte. Aber brauche ich denn welches? Es geht mir doch ganz gut. Ich habe Zeit zu schreiben und zu lesen, zu reden. Kann drinnen sein, solang ich mag und niemand hindert mich heraus zu gehen. Talent hab ich ein wenig mehr als viele und doch wieder nicht zu viel, um aufzufallen. Mir geht es gut, doch ja. Das Essen steht schon auf dem Herd, den Kaffee trank ich heute morgen erst, zuallererst. Und sagte mir: "Dir geht es gut." Die Sache ist nur, dass man weinen will. Dabei geht es doch gut, uns allen hier. Da frage wen du willst. Sie alle sagen dir "Dir geht's doch gut", und, oder: "Mir geht es gut." Ob sie denn alle weinen wollen?
Manchmal erzählen sie dir Sachen, die schon mehr nach Tränen sind, wenn sie was getrunken haben oder wen verlassen. Dann sitzen sie ganz klein vor dir und blicken auf und alles was du sagen kannst (Dir geht es eigentlich ganz gut) ist nicht, was du nun sagen darfst. Denn man will weinen, denkt man drüber nach. Wenn man nur weinen könnte.

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13. Oktober 2008
lang schon Oktober
gonzosophie | 13. Oktober 08 | Topic 'Autolyse'
Attraktion unwillkomener Gefühle, Todessensation – Selbstmord. Wollen sie sich das ansehen, Zeuge sein der unausweichlichen Peinlichkeit? Lagerregale egaler Warenbestände des Egos. Selbstächtung. I’ve written a tear stained letter. Mein Adressbuch wird diffuser, all die gestrichenen Namen. Es-ther, klingt nicht. Neubeginn. Ich habe die Kommunikation nie gelernt, das Miteinander sprechen. Ich lege Wert auf Menschen, nicht aber auf Rituale und finde mich deshalb kaum zurecht. Will doch niemand mehr mit mir reden, der mir wichtig ist. Kann ich doch mit niemandem mehr reden, da keiner reden kann ohne zu fragen, ohne Fragen zuzulassen. Alles darfst du, doch nicht auslachen. Die Belanglosigkeit anzeigen - Ironie ist kein Habitus. Mach dich nicht frei, andere fühlen sich dadurch bedrängt. Lächerlich. Setze Punkte, beginne mit großen Buchstaben und lass die Relativsätze weg (klare Konstruktionen schaffen klare Gefühle). Ich habe. Du hast. Wir hatten. Sprich die Relationen aus, statt sie zu umgehen. Benutze Floskeln. Etwas besseres als den Tod findest du überall. Auf jeden Topf. Blaukraut. Ich schreibe mein Finale, ich schweige das Ende herbei. Mit finaler Faulheit bezwinge ich den letzten Willen. Schlecht wird mir. Sie entschuldigen, den Tag gilt es nun auszukotzen.

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9. Oktober 2008
Lasst Freiheit tönen
gonzosophie | 09. Oktober 08 | Topic 'Autolyse'
Die Krise ist die Kristallisation der Normalität, reines sonst auch, konzentriert. Es wimmelt davon. Kriege erhalten ihr Votum, fortgeführt zu werden, der Opfer wegen. Das Volk stimmt dem zu, kategorisch. Die Perspektiven verschieben sich, Banken kosten den Staat nun mehr als Waffen. Der einfache Mann vertraut dem Kapitalismus nicht mehr – er will sein Geld sicher wissen, seine Arbeit behalten, zur Rente Viagra auf Rezept bekommen. Das ist ein Traum von Glück, Stagnation, dem das Soll nicht entspricht, vielfach das Haben niemals entsprochen hat.
Ich sitze in einem Zimmer, immer ein Ohr an der Tür. Draußen wird gesprochen, ständig. Man kann seinen Alkohol nicht mehr alleine trinken. Seine Reden nicht nur denken. Zu sozialem Dasein gehört heute viel mehr als die Klotür auszuhängen, sich Fäuste entegegen zu ballen. Ficken muss man und einander davon Metaphern bilden. Zeichen der Macht sind nichts anderes, links eine Zepter, rechts der Reichsapfel. Ich habe vergessen, dass ich ein Mann bin und was das heißen soll. Sitze hier und koche mir Tee, trinke Kaffee jeden Tag und wechsle die Kleidung. Mein Alter ist bald kein Quarterpounder mehr. Zeit zieht im Rücken.
Aber ich schlafe recht gut, trinke sehr wenig. Die Gedanken lassen sich leicht vertreiben und vielleicht ist auch dies das Glück der Stagnation. Die Lethargische Utopie mit weit entfernten Selbstmordphantasien. Tod durch nervöse Langeweile. Herzstillstand, was für ein schönes Wort. Weit weg von all den „Du“s, denen ich mir Tintentränen nachgetragen. Ich habe wieder aufgehört zu rauchen, stelle die Versuche der Ästhetik ein. Mein Versteck nötigt mir keine Maske ab und wer nichts macht, muss es niemandem Recht machen.
Wenn sie entschuldigen – es ist schon spät.

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22. Juli 2008
Juli
gonzosophie | 22. Juli 08 | Topic 'Autolyse'
„Die Funkellichter, die rosaroten Halos um die Laternen drüben am Ufer erregen mich. Über den weißen Lichtgirlanden spüre ich ein Miasma von Beischlaf. Ich rieche dumpfen Bettengeruch, schwer wie Azaleenblüte, warmen milchigen Hautgeruch, süßlichen Puder, sardellenscharfen Fotzengeruch, Eau de Javel, Sperma.
Fetzen von Rufen, halbe Kommandos, heftiges Anbumsen gegen Metall dringen zu uns her.“
(Lothar Günther Buchheim, „Das Boot“)

Ich bin Hamburg, wieder einmal. Harburg, Wilhelmsburg, Wandsbek, Kiez, Fischmarkt, Veddel. Gleich am ersten Abend bin ich mein Monatsbudget losgeworden, nur für Bier. Eine riesige Touristenfalle. Seitdem rückt das Datum weiter aber es will kein Tag vergehen. Halb liegend sitze ich herum und bade in Geräuschen, gerate in den Sog. Verliere mich im Trippeln der Regentropfen. Regen. Bald flacht er ab, verstummt schließlich. Die Machtverhältnisse sind nun völlig klar: Stille herrscht mit meinem Mandat. Die Atmung flacht ab, die Augenlider. Ich mache mich leicht unter den wimmernden Fenstern. Und schon trommeln wieder Schauer ans Fliegengitter.
Keine Spur von weißer Haut, kein Brustwarzenschimmer und schon gar kein Wort seit nunmehr sechsunddreißig Stunden. Ich schalte den Plattenspieler ein und höre Jazzmusik. Trompeten wimmern, so stimmt die die Nacht sich ein. Mein Hirn schwitzt Wasser ab. Auch dort draußen rufen die Sirenen. Die Städte sind sich alle gleich, zumal wenn ich sie lebe. Kein Bier im Haus, kein Tropfen Landwein findet sich. Die Zeitungen sind unberührt.
Und so langsam wird mir klar, dass ich warte ohne es gewusst zu haben. Ganz wie von selbst zog ich die dicken Socken an und ließ die Wangen unrasiert. „Da wird schon noch was kommen“. Mit den Händen in den Taschen liegt man doch meistens falsch. Naja, nicht übermütig werden. Nur keine falsche Hast. Noch zieht die Lunge Trockenluft. So klingen die Beschwörungsformeln, die jemand anderes mir vorbetet. Wär man doch wenigstens sich selbst nicht so ein guter Lügner...

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2. Juli 2008
Verwahrlosung
gonzosophie | 02. Juli 08 | Topic 'Autolyse'
Mir kriechen schon wieder Spinnetiere aus den Haaren, seilen sich auf meine Bücher ab. Da krabbeln sie umher, als wenn sie lesen könnten. Spinnen sehen einen niemals an, gleich wieviele Augen sie auch haben mögen. 2 Frauen sprachen mich heut an, 3 Männer, auf offener Straße und für jeden gut zu hören. Trotz Haargeniste wirke ich erfrischend unbedrohlich. Die Fäden sind gezogen. Mein Mietvertrag läuft aus, mein Konto ist so leer wie mir der Schädel. Ich sollte vielleicht die Kaution versaufen, den Kopf gießen, Haarkulturen sprießen lassen. Dabei bleibt sicher Geld für eine Zigarette übrig. Mit Rauch in den Haaren lässt es sich leichter auf Blechdächern stehen, die einen den Schweiß in die Augen treiben und an den Kanten böse Wunden reißen. Als Kind verbrannte ich mich einmal am Blech durch bloße Reibung. Vielleicht war es auch eine Schürfwunde. Jedenfalls meide ich Berührungen seitdem nicht nur mit Stahl. Was ist aber die Alternative? Sich einfach abseilen, vor den Augen eines teilnahmslosen Betrachters dahin pendeln, so stillos kann leider nur die Spinne sein. Und so leise. Ach ich werde einfach meine Haare waschen gehen. Meinen Kopf. Da fühlt man sich doch wie ein neuer Mensch. Ein Mensch zumal.

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28. Mai 2008
Bedenke er, der frühe Telephonate tätigt:
gonzosophie | 28. Mai 08 | Topic 'Autolyse'
Es gibt Menschen, die, würde es sie nicht geben, man sich erträumen müsste. Dann sind da noch Menschen, die, weil es sie nicht gibt, man sich erträumen muss. Sie sind es, die man vermisst, wacht man am späten Mittag aus unruhigem Schlaf zur kruden Welt hin auf. Irgendwann verunsichert es einen dann, ob sich eine Erinnerung aufs Wache oder die andere Seite bezieht – so sehr verwischt sich alles. Man weiß nicht, ob diese Träume einen verrückt machen, oder ob sie das letzte sind, was einen vorm Wahnsinn bewahrt. Es gibt ja auch kein bedeutendes Außen mehr, auf das man sich sinnvoll könnte beziehen, dass einem die Zeit zerteilte in Tag und Nacht. Und sagen sie auch nicht die Wahrheit, so haben mich meine Träume noch nie angelogen.
Die Menschen sind zu weit weg, der Tag mir immer so obszön mit seinem Tatendrang, den ungefragt er jeden Morgen vor die Haustür stellt. Und manchmal muss auch ich sie öffnen - man kann nicht immer schlafen. Hin und wieder will der Körper schließlich auch das Unglück spüren können.

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7. Mai 2008
atemlos
gonzosophie | 07. Mai 08 | Topic 'Autolyse'
Ich bin doch leergetrunken, ausgebrannt. Meine Lippen sind ganz trocken von zu langem Schlaf. Sie schmecken immernoch nach Rauch. Vor meinem Bett stehn ungeschnürte Schuhe. Seit Tagen starre ich sie an, wenns draußen endlich, ach schon wieder dunkel wird. Ja, jeder Satz beginnt mit einem Ach! mit einem ach...
Jetzt. Ich habe mich längst aufgegeben. Mein Tun scheint lächerlich wie das der Anderen. Doch Lächeln fällt mir dabei nunmehr schwer. Man scheitert nicht mit einem Knall. Versager treten leise ab. Sie schaun nicht nochmal auf und lassen nichts zurück.
Fein säuberlich gestapelt habe ich die Bücher, die losen Blätter einsortiert. Das Zündholzbriefchen liegt bereit und doch – ich warte. Wie jemand auf den Galgen wartet.

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24. April 2008
Ich komme nach
gonzosophie | 24. April 08 | Topic 'Autolyse'
Was hält die Nacht noch vor, was kann sie uns denn geben? Der Dämon stirbt an Langeweile, ein Sinn fürs Grobe drückt sich auf. Was lässt der Stoff noch zu als Knisterknochen, müde Muskeln. Das Tier ist tot, Marlene. Ich schmuse mich in Frotterlaken und meine Haut wird weich. Mit parfümierten Achselhöhlen schon in den ersten Morgenstunden, so tret ich vor die Tür, tret unter deine Augen. Marlen, das erste und das letzte bist nur du. Ich hasse dich dafür, Marlenchen. Hass ist es, der mich müde noch aus deinem Bett vertreibt. Diesen Geschmack von dicken Daunen werd ich nicht mehr los. Marlene, so schmeckt die Nacht, die nichts mehr ist als Fettgewebe, Säkulat. Ich ritze Muster unter meine Sohlen und brenne Punkte auf die blassen Zehn. So sieht es aus, mein Leben neben dir, Marlene. Ein Sein wie’s Menschen angediehen ist und war. Uns bleibt es gleich.

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