Prolog
gonzosophie | 08. April 08 | Topic 'Fortsetzung folgt'
„Wer bittet, soll aber voll Glauben bitten und nicht zweifeln; denn wer zweifelt, ist eine Welle, die vom Wind im Meer hin und her getrieben wird. Ein solcher Mensch bildet sich nicht ein, daß er vom Herrn etwas erhalten wird: Er ist ein Mann mit zwei Seelen, unbeständig auf all seinen Wegen.“ (Brief des Jakobus; 1,6–8)
Die Auswirkung des aufkeimenden Atheismus ist in erster Linie ein Gefühl der Einsamkeit - vor allem, wenn man sein Leben vorher in einer Kontinuität und Ordnung gesehen hat. Nicht nur die Verstorbenen verlieren sich im Nichts, es fehlt plötzlich auch am einzigen Gegenüber, dass man im stärksten Sinne des Wortes mit „du“ ansprechen kann. In diesem Zweifel besteht der ursprüngliche Virus, der einem jedes persönliche Gespräch mit Gott unerträglich macht. Fortan denkt man, redet man nur noch über ihn, nicht mit ihm. Der Zweifel wird Verzweiflung, in den Worten Kierkegaards eine Krankheit zum Tode: Angst.
Angst vor der Endgültigkeit des Seins und dem Verlust des Selbst, der das Ende bedeutet. Dies unter dem Vorzeichen, dass unser Leben nicht befriedigend sein, uns niemals aus dem Schleier der Einsamkeit befreien kann. Sollten lichte Momente auftreten, so haben sie immer den Beigeschmack der Vorläufigkeit. Nach einem alten Sprichwort soll man den Tag nicht vor dem Abend loben, kein Bier vor dem Trinken und über einen Mann sein Urteil erst fällen, nachdem er gestorben ist. Der Tod gibt dem Menschen seinen Namen.
Dieses memento mori heißt auch vergessen. Vor der letzten Nichtigkeit erscheint vieles völlig unbedeutend. Darunter fallen das eigene Selbstbild mit Integrität und Moral, aber auch etwaiges Streben nach Macht oder Ruhm. Noch in der Antike galt der Mensch als sterblich, aber herausragende Taten schienen innerhalb der Menschheit unsterblich. Längst jedoch hat der Mensch die Sterblichkeit der Menschheit erkannt, so wie man es mit Mitte 20 zu tun pflegt. Nichts lohnt mehr, es zu unternehmen, wenn es sich nicht absehbar rentiere. Das allerdings ist keine rein zeitliche Beschränkung. Auch das Bewusstsein, einmal stattlich beerdigt zu werden, lässt sich durchaus erleben, obschon der atheistische Zweifel die Perspektive für Vergangenheit und Zukunft stark verengt. Und deshalb ist die Angst auch der Tod für jeglichen Idealismus. Dessen Vorraussetzungen - ein Anspruch, Gewissen oder Glaube - können sich nicht länger erhalten. So erscheint es wahnwitzig und folgerichtig, dass die Romantiker in Anbetracht dessen eine neue, ideale Gottheit der Kunst erschaffen wollten, um der Krankheit zu begegnen. Sie versuchten auf sie mit Ironie zu reagieren.
Die Suche nach der idealen Gottheit muss wie die Suche nach dem eigenen Glauben auch heute wahnwitzig erscheinen und unerwünscht, ist doch jede Suche gesellschaftlich sanktioniert, die nicht nach Außen führt. Der Ungläubige sowie der Gläubige leben mit ihrer Überzeugung, haben gelernt zu funktionieren. Der Zweifel kennt kein Ziel. Der Zweifler bleibt ein Störfaktor, schneidet ihn seine fragende Suche doch immer mehr von allen Anderen ab. Ironischerweise isoliert die Suche nach dem „du“ vor allem den, der glaubt, es im menschlichen Gegenüber finden zu müssen. Von jemandem, der sich auf so eine Suche begeben hatte, handelt der vorliegende Text. Nichtsdestotrotz ist er recht kurz.
Die Auswirkung des aufkeimenden Atheismus ist in erster Linie ein Gefühl der Einsamkeit - vor allem, wenn man sein Leben vorher in einer Kontinuität und Ordnung gesehen hat. Nicht nur die Verstorbenen verlieren sich im Nichts, es fehlt plötzlich auch am einzigen Gegenüber, dass man im stärksten Sinne des Wortes mit „du“ ansprechen kann. In diesem Zweifel besteht der ursprüngliche Virus, der einem jedes persönliche Gespräch mit Gott unerträglich macht. Fortan denkt man, redet man nur noch über ihn, nicht mit ihm. Der Zweifel wird Verzweiflung, in den Worten Kierkegaards eine Krankheit zum Tode: Angst.
Angst vor der Endgültigkeit des Seins und dem Verlust des Selbst, der das Ende bedeutet. Dies unter dem Vorzeichen, dass unser Leben nicht befriedigend sein, uns niemals aus dem Schleier der Einsamkeit befreien kann. Sollten lichte Momente auftreten, so haben sie immer den Beigeschmack der Vorläufigkeit. Nach einem alten Sprichwort soll man den Tag nicht vor dem Abend loben, kein Bier vor dem Trinken und über einen Mann sein Urteil erst fällen, nachdem er gestorben ist. Der Tod gibt dem Menschen seinen Namen.
Dieses memento mori heißt auch vergessen. Vor der letzten Nichtigkeit erscheint vieles völlig unbedeutend. Darunter fallen das eigene Selbstbild mit Integrität und Moral, aber auch etwaiges Streben nach Macht oder Ruhm. Noch in der Antike galt der Mensch als sterblich, aber herausragende Taten schienen innerhalb der Menschheit unsterblich. Längst jedoch hat der Mensch die Sterblichkeit der Menschheit erkannt, so wie man es mit Mitte 20 zu tun pflegt. Nichts lohnt mehr, es zu unternehmen, wenn es sich nicht absehbar rentiere. Das allerdings ist keine rein zeitliche Beschränkung. Auch das Bewusstsein, einmal stattlich beerdigt zu werden, lässt sich durchaus erleben, obschon der atheistische Zweifel die Perspektive für Vergangenheit und Zukunft stark verengt. Und deshalb ist die Angst auch der Tod für jeglichen Idealismus. Dessen Vorraussetzungen - ein Anspruch, Gewissen oder Glaube - können sich nicht länger erhalten. So erscheint es wahnwitzig und folgerichtig, dass die Romantiker in Anbetracht dessen eine neue, ideale Gottheit der Kunst erschaffen wollten, um der Krankheit zu begegnen. Sie versuchten auf sie mit Ironie zu reagieren.
Die Suche nach der idealen Gottheit muss wie die Suche nach dem eigenen Glauben auch heute wahnwitzig erscheinen und unerwünscht, ist doch jede Suche gesellschaftlich sanktioniert, die nicht nach Außen führt. Der Ungläubige sowie der Gläubige leben mit ihrer Überzeugung, haben gelernt zu funktionieren. Der Zweifel kennt kein Ziel. Der Zweifler bleibt ein Störfaktor, schneidet ihn seine fragende Suche doch immer mehr von allen Anderen ab. Ironischerweise isoliert die Suche nach dem „du“ vor allem den, der glaubt, es im menschlichen Gegenüber finden zu müssen. Von jemandem, der sich auf so eine Suche begeben hatte, handelt der vorliegende Text. Nichtsdestotrotz ist er recht kurz.