Ein Mann zweifelhafter Gesinnung, aber unumstößlichen Rufes saß an einem Tresen und trank. Das tat er nicht sehr häufig, aber regelmäßig. Draußen auf der Straße stand ein Kind, es wickelte ein Bonbon aus Stanniolpapier aus und steckte es sich in den Mund. Dann ging es ein paar Schritte, um das Papier in einen Mülleimer zu werfen. „Das ist der Staat“, dachte der Mann. Hörbar schlürfte er den letzten Tropfen Filterkaffee aus der Tasse. Ihm gegenüber saß ein Pärchen, der Mann sehr grob. Schlag jemandem in die Fresse, dachte er, und sie lieben dich. Doch was Frauen lieben, darüber konnte er nur Mutmaßungen anstelllen. Was er besser wusste war, was sie nicht liebten: Gedichte, Briefe, damit gewinnt man keine Herzen. Er klappte seine Kladde zu. Mehr erreichte man seiner Meinung nach, führe man sie einfach mit einer Karre über den Haufen. Nur gut erklären musste man es können, anhand der Augen, mitunter. Sein Auto war kaputt, eine Frau war hinein gefahren. Allerdings nicht, um damit etwas bei ihm zu erreichen. Gestern saß er deswegen in einem Zug, am frühen Morgen völlig besoffen. Logos est quatsch, sometimes, hatte er da gedacht. Ein Abteil für uns allein, ein Rucksack voller Bier und die aufgehende Sonne. Dafür ist man nie zu alt, nie zu fertig. Er kramte in seinem Portemonnaie und fand einen kleinen Schein zwischen alten Kassenzetteln und Pfandbelegen. Manchmal fragte er sich, wie andere Leute persönliche Photos in ihrer Börse mit sich herumtragen konnten. Jetzt allerdings dachte er nicht daran.
( Kommentieren sie diesen Beitrag auf gonzosophie.de)Als ich noch jung war, da brauchte ich nur Papier auszulegen um die Zeilen, die Verse aufzusaugen, die sich aus mir ergossen. Doch zu was für einen Menschen hat mich das gemacht? Es ist ja nicht so, dass einen bloß die äußeren Umstände in eine Rolle drängen. Und wer sonst wechselt seine Bettlaken höchstens einmal der vielen Tintenflecken wegen? Nun drängen die äußeren Umstände schon länger dazu, die bisherige Rolle abzulegen. Wieso auch nicht? Mit dem Alter fällt es immer schwerer, dem Papier noch ein paar Wörter zu erpressen. In jedem Tropfen schmeckt man alte Zeiten wieder, glücklich machen sie einen nicht mehr, zeigen sie doch wie verdorrt man mittlerweile ist. Trotzdem, die Rolle seines Lebens legt man schwerlich ab. Schon gar den Stift nicht aus der Hand, egal wie müde sie auch sein mag. „Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen/ Gilt für weise.“ Noch schreibe ich gegen das Vergessen an. Schreibe mich weiter, neue Zeilen meiner Rolle inmitten eines schlechten Films. Ich bin ein self-made-up man, erzähle mir mehr davon. Es wird einmal. Doch wer glaubt noch an solche Märchen; wer nimmt die Filme noch ernst, die Dialoge aus denen wir unsere Leben zusammensetzen. Für die Kritik leicht durchschaubar, hätte ihr Wort Gewicht.
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