Gonzosophie
16. Juli 2007
15.Juli
gonzosophie | 16. Juli 07 | Topic 'Autopoiesis'
Die Gegenstände rücken auf mich zu, zerspringen in meinen Augen. Ich fasse mich nicht mehr. Es ist soweit, das Ende der Geschichte ist erreicht. Ich werde postmodern. Vor meinen Augen zerfließen die Substanzen, die Eigenschaften verlieren ihren Halt. Es rückt hinter mich, mein Sein streift seine Ordnung ab, wird Wahnsinn. Schluss damit, beende dich. Ist das nur ein Traum? Ich kann nicht mehr träumen. Ich bin zerfallen, fernab von einem Ich. Meine Freiheit habe ich verloren. Ich unterwerfe mich. Ich bin mir nichts wert. Nichts ist mir mehr Wert. Ich verliere mich in monotonen Gedanken. Ich finde keinen Antrieb, werde nur noch umgetrieben. Wann endlich hebe ich mich auf?
Ich wachte heute auf, nahm den Hut vom Gesicht, zog die Stiefel aus und kroch aus der Badewanne. War das Ich gewesen? „Seeking Electricity“. Wo war der dunkle Garten, in dem uns die Schatten der Nacht von verbotenen Früchten kosten ließen, uns Engel wunderbare Fanfaren bliesen. Nun bin ich wieder an dem Punkt. Ich höre Tocotronic – „digital ist besser für mich“.
Der Nachmittag war furchtbar, heiß, schwer lasteten Wolken über dem Hitzeflimmern. Genau wie diese war ich kein schöner Anblick. Trotzdem sprach mich eine alte Dame am Bahnhof an und redete eine halbe Stunde mit mir. Wahrscheinlich lag es am T-shirt mit der Aufschrift „Junge Union“. Viele Menschen glauben das, was Kleider ihnen sagen. Der Schaffner hingegen wollte gleich meinen Perso sehen. Er meinte, ich hätte womöglich mein Semesterticket gefälscht. „Das passiert in letzter Zeit“ – „Man kann nicht vorsichtig genug sein“.
Ich hasse diese heißen Tage in der Stadt, die Luft ist erfüllt von den Sekreten diverser Poren und nicht nur deshalb lässt sich kein klarer Gedanke fassen. Diese schrecklichen bunten Farben, mit denen die Menschen ihre wichtigen Körperteile anzeigen. Alles strömt in die Sonne heraus um sich wechselseitig der hohen Temperaturen zu versichern. „Ganz schön warm heute, was?“ – „Das ist nicht warm, das ist heiß“. Wenigstens rauchen noch einige von denen. Das hier war niemals meine Welt.
Und ich merke wieder mal, dass ich komplementärer bin, als ich es sein möchte. Mir fehlt etwas. Habe ich es verloren? Liegt das an all den Frauen, die sich mir heute fahrlässig zur Schau gestellt haben? Ich erwäge mich zu rasieren und zu waschen, doch wozu? Es ist schon längst dunkel geworden. Meine letzte Möglichkeit Menschen zu begegnen wäre endlich den Müll raus zu bringen. Selbst das lohnt nicht mehr, das hebe ich mir für morgen auf.

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14. Juli 2007
"He, who makes a beast out of himself...
gonzosophie | 14. Juli 07 | Topic 'Selbstbehauptung'
Kalter Schweiß und Brechreiz sind zwei häufige Nachfolgeerscheinungen des massiven Alkoholismus. Warum können wir trotzdem nicht von ihm ablassen? Liegt es wirklich nur an der stimmungsaufhellenden Wirkung eines Kasten Bieres, dass er uns immer wieder lockt ihn bis zur vorletzten Flasche auszutrinken?
Ich denke darüber nicht mehr so. Für mich ist das grundlegende Gefühl und Motivator zum finalen Abschuss der Ekel geworden. Ekel vor sich selbst, vor den Menschen, vor Vergangenheit, Zukunft und dem Moment, der diese Dimensionen peinlicher und enervierender Situationen miteinander verkettet. Aus dem alles versäuernden Ekel entsteht der Zwang zu saufen. Soviel zu saufen, dass all die grässlichen Konturen verschwimmen, die schrecklichen Dialoge ihren Sinn verlieren und man selbst jede Erinnerung an den Restbestand so genannter Realität vergisst. Man will eben nicht lustig werden, nicht unter Strom stehen sondern sich zernichten, sich auskotzen. Dementsprechend sind die körperlichen Nachwirkungen eines solchen Fluchtversuchs nicht nur notwendig sondern gar begrüßenswert: Der Ekel lässt sich nun zumindest in der Magengrube verorten und ein pochender Schädel trocknet jeden marternden Gedanken aus – bis der Nachdurst einsetzt und man wieder in die eklige Welt zurückfindet. Die einzige Gefahr dabei ist, dass man irgendwann aufhört sich zu betrinken und nur noch trinkt, den Pegel hält. Diese eklige Angewohnheit mit ihrer nüchternen Gemütlichkeit und konstantem Verfall widerspricht allem, für das ein wahres Besäufnis steht: Exzess, Kontrollverlust, Freiheit vom Ekel der Welt.
Das kann man nicht lernen, das muss man einfach wagen. In diesem Sinne wünsche ich noch einen schönen Samstag Abend!

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